The Otolith – Folium Limina
Das Ende von SubRosa vor drei Jahren war eine mittlere Tragödie. Allerdings lebt der folkige, atmosphärische Post-Doom weiter, denn vier der fünf Musiker*innen aus Salt Lake City – Kim Cordray, Levi Hanna, Andy Patterson und Sarah Pendleton – machen gemeinsam weiter. Von Bassist Matt Brotherton ergänzt, denken The Otolith das musikalische Erbe weiter, ohne dabei auf der Stelle zu treten. Auf dem ersten Album „Folium Limina“ stehen Neofolk und Dark Wave etwas stärker im Mittelpunkt, ohne sich jedoch auch nur annähernd vom eigenen Sound zu distanzieren.
Gleich zu Beginn wartet der längste Song, denn „Sing No Coda“ nimmt mehr als 13 Minuten in Anspruch, ohne dabei auch nur im Ansatz zu langweilen. Speziell der ausgedehnte Auftakt zeigt den eingangs erwähnten stärkeren Düster-Folk-Fokus und gibt der Band zugleich Zeit, sich zu finden. Wie sich die leicht verfremdeten Vocals aus dem Untergrund erheben, ringt Respekt ab. Erst nach gut drei Minuten geht es so richtig los, von donnernder Wucht geprägt. Monolithische Drums, stoischer Bass, der Kampf der Gitarren und Violinen, eine Pluralität der Stimmen – und plötzlich die erste von vielen Zäsuren, die Platz für Folk und Klassik lässt. Später kommen diese Auswüchse mit Doom und etwas Sludge zusammen, der bittersüße Untergang hält Einzug.
So ganz wird dieser Aha-Effekt in weiterer Folge nicht erreicht, doch pendeln sich The Otolith auf gutem Niveau ein. Zu den Highlights zählt „Hubris“, das sich nur schleppend aus seinem ersten meditativen Sein befreit und post-metallische Loops mit den etatmäßigen, entstellten Folk-Streichern kollidieren lässt. Auch kommen hier infernale Growls zum Einsatz, eine weitere spannende Zutat. Sie dürfen auch im tödlichen Finale „Dispirit“ nicht fehlen, gestalten den schäumenden und zugleich schleppenden Mittelteil gar unterhaltsam. Danach kann nur der langsame, unvermeidbare Abstieg in den Abyss folgen.
Mit sechs Songs in 63 Minuten fällt „Folium Limina“ unwahrscheinlich lang, aber keinesfalls langweilig aus. Selbstverständlich werden Erinnerungen an SubRosa wach, das lässt sich alleine schon angesichts des Line-ups kaum vermeiden, doch geht es dem US-Quintett keinesfalls um reine Nachlassverwaltung. The Otolith denken den Sound weiter, geben sich tatsächlich insgesamt folkiger und düsterer, was die Doom-Breitseiten um Welten zerstörerischer und intensiver ausfallen lässt. Auch wenn sie die große Klasse des Openers nicht mehr erreichen, bleibt unterm Strich ein mehr als starker Einstand von alten Bekannten in neuen Gewändern.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 21.10.2022
Erhältlich über: Blues Funeral Recordings (Cargo Records)
Facebook: www.facebook.com/otolithic
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