Ring Of Gyges – Metamorphosis
Die isländischen Mühlen mahlen offensichtlich etwas langsamer, und so sind mittlerweile fünfeinhalb Jahre seit der letzten Platte von Ring Of Gyges ins Land gezogen. Dennoch arbeitete das Quintett fleißig am eigenen Prog-Sound, der sich irgendwo zwischen den 70s-Rock-Wurzeln und moderneren Metal-Gefilden bewegt. Vergleiche mit kontemporären Neo-Prog-Meistern, wie Leprous und Haken, kommen nicht von ungefähr, wie der neueste Streich „Metamorphosis“ eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Die Hauptattraktion dieses Albums nennt sich „The Face Of God“ und nimmt stolze zwölf Minuten in Anspruch. Vergleichsweise weit hinten versteckt, rufen die Isländer hier ihre Qualitäten absolut gekonnt ab, von ellenlangen Aufbauten und spannungsgeladenen Zwischenspielen geprägt. Helgi Jónssons kraftvolle Stimme steht in der Tradition großer Prog-Musiker, die überaus versatile Rhythmusabteilung treibt das Geschehen an. Ruppige Gitarren und verspielte Keywords mit Sherinian-Vibes setzen dem Geschehen die Krone auf. Ja, der ellenlange Mittelteil mit seiner Queen-lastigen Dramaturgie fällt etwas aus dem Rahmen, hat zugleich jedoch Charme. Aus dem Nichts wird es laut und derb, mit Djent-Chic flirtend, dem Sci-Fi-Untergang zugewendet.
Während diese Monstrosität noch verdaut wird, sind Ring Of Gyges bereits mehrere Türen weiter. Das stete Brodeln von „Nautilus“ samt derben Zwischentönen strahlt Bedrohlichkeit aus, nimmt sich aber ebenso Zeit für ein abgedrehtes Gitarrensolo. Etwas später überrascht „Parasite“ mit einem Hauch Karnivool, vor Spannung geradezu berstend. Die nervöse Energie und die quengelige Melodie machen Laune. Im großen Finale „Find Me Here“ stimmt das Quintett schließlich die große Hymne an, alles für sich einnehmend und in den richtigen Momenten angenehm ruhig. Muse und Angels & Airwaves schauen im stadiontauglichen Schlussakt vorbei.
Trotz aller oberflächlicher Übertreibung, die sich auch in der mächtigen Spielzeit von über einer Stunde äußert, bleiben die Isländer erstaunlich bodenständig. „Metamorphosis“ wirkt erdig und doch virtuos, verneigt sich deutlich vor allerlei Größen und geht zugleich konzentriert einen ureigenen Weg, der sich wunderbar in die große Neo-Prog-Riege einreiht. Dabei erweisen sich Ring Of Gyges insgesamt eine Spur roher und direkter, betonen das Metallische stärker – ein überaus willkommener Farbtupfer, der Großes für die Zukunft vermuten lässt.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 19.05.2023
Erhältlich über: ViciSolum Productions / Sound Pollution
Website: www.ringofgygesband.com
Facebook: www.facebook.com/theringofgyges
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