Yakuza – Sutra
Gäbe es Yakuza nicht, man müsste sie erst erfinden. Entsprechend unangenehm fühlte sich die lange musikalische Durststrecke von über zehn Jahren seit ihrem letzten Album an. Und dann kehren sie zurück, als wäre nichts gewesen. Der Sound des Quartetts macht weiterhin einen weiten Bogen um etwaige Schubladen – Doom, Sludge, Stoner, Post, Psych, Jazz und Prog mischen mit wachsender Begeisterung mit – und lebt stattdessen weiterhin süffiges, verstörendes wie faszinierendes musikalisches Chaos vor. „Sutra“ ist ein mehr als willkommenes Comeback in vertrauter Form.
Songs wie „Alice“ zeigen mit verworrenem Biss, hypnotisierenden Melodien und herrlich eigenwilliger Klangreise, dass die US-Amerikaner rein gar nichts an Klasse eingebüßt haben. Natürlich weckt das unter anderem Erinnerungen an Mastodon und Voivod, allerdings so eigentümlich wie eh und je. Zwischen eingängigen Rifflandschaften, beißender Heavyness und vertrackten Einschüben liegen oft nur Momente, und Yakuza versuchen bevorzugt alles gleichzeitig. Ähnliches geschieht in „Burn Before Reading“, dessen Psychedelic-Rock-Wellen immer wieder das zähe, zerstörerische Arrangement torpedieren. Ein ellenlanges instrumentales Zwischenspiel stellt das Geschehen komplett auf den Kopf, der Abgang wird infernal und apokalyptisch.
Eines der großen Highlights dieser Platte wartet am Ende: „Never The Less“ nimmt mehr als sieben Minuten in Anspruch, jagt ein Saxofon durch den Fleischwolf und jazzt sich erst einmal durch das verstörende Intro. Wuchtige Doom-Sludge-Wände, Sehnsucht auf sämtlichen gesanglichen Ebenen sowie die spannende Interaktion zwischen Blasinstrument und Gitarre treten eine im besten Sinne kaputte Abfahrt los, von der man einfach nicht loskommt – purer Wahnsinn mit eierlegender Wollmilchsau und endlosen Schleifen. Auch „Capricorn Rising“ ist ein spannendes Epos geworden, wobei das ewige Halten der Handbremse an die Substanz geht. Erst die zweite Hälfte macht Feuer unterm Hintern und strahlt wohlige Bosheit aus.
Wenig überraschend drehen Yakuza komplett am Rad und haben hörbar Spaß daran. Natürlich kann das schroffe, verstörende Auftreten mit gelegentlicher Anti-Song-Haltung schon mal gewaltig das Nervenkostüm strapazieren, doch liegt gerade darin Methode. Im nächsten Moment brechen dafür eingängige Stoner-Sludge-Riffs durchs Gebälk, die nicht mehr aus dem Ohr gehen. Man weiß nie so ganz, wohin die Reise von „Sutra“ gehen soll. Der visionäre Post-Metal-Ansatz ging selten so unter die Haut wie jetzt – gut, das US-Quartett endlich zurück zu haben.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 19.05.2023
Erhältlich über: Svart Records (Membran)
Facebook: www.facebook.com/yakuzadojo666
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