Vulture Industries – Ghosts From The Past
Wie würde Nick Cave klingen, spielte er Metal? Diesen und ähnliche Vergleiche durften sich die 1998 als Dead Rose Garden gegründeten Vulture Industries im Laufe ihrer langen Karriere mehrfach anhören. Die ewig lodernde Flamme der Finsternis begleitet das Schaffen der Norweger seit einem Vierteljahrhundert, von allerlei Einflüssen und Häutungen gekonnt begleitet. Fast sechs Jahre nach ihrem letzten Album, von einer Phase des Wandels in den Leben der Musiker sowie in der Gesellschaft an sich begleitet, landet das erwartungsgemäß beklemmende „Ghosts From The Past“.
„New Lords Of Light“, das erste von sieben verstörenden Kapiteln, führt sogleich in media res. Progressiver Dark Rock mit metallischem Unterbau und Post-Punk-Elan schraubt die Intensität sogleich nach oben, zudem singt Bjørnar Erevik Nilsen so emotional wie eh und je. Während sich die Spannung des Nervenkostüms einer unvermeidlichen Zerreißprobe nähert, legt das Quintett noch einen drauf, bringt einen vergleichsweise konventionellen Refrain hervor. Schroffe Zäsuren sowie unterkühltes Understatement steuern dagegen. Das kurze, knackige „This Hell Is Mine“ flirtet mit Gothic Rock, während Trompete und Saxofon die Entfremdung in Zeitlupe vorantreiben.
Im großen Finale „Tyrants Weep Alone“ übertreffen sich Vulture Industries selbst und halten neun Minuten lang die Spannung verdammt hoch. Über den sanften, balladesken Einstieg geht es durch schwerfällige Kaskaden mit erneuten Bläsern sowie der Gaststimme von Ine Terese Hogstad. Kleinere Tempo-Verschärfungen und geradezu folkige Untertöne gipfeln in einem überdrehten und doch so smarten Finale. Davor lauert mit „Not By Blood, But By Words“ einer der wütendsten Tracks – schroff, aggressiv und doch reduziert. Man wartet auf eine schäumende metallische Explosion, doch bleibt diese aus, während die Spannung ein geradezu unerträgliches Niveau erreicht.
Kaum auszuhalten und doch – oder gerade deswegen – so verdammt gut: Vulture Industries spielen mit Trauma und Träumen auf erstaunlich präzise Weise. „Ghosts From The Past“ fährt wie ein kapitaler Schock durch das System und hält die Fahne der geschmackvollen Finsternis hoch. Bei aller Dauerbelastung des Nervenkostüms bleiben die Songs zugleich charmant, bekömmlich, selbst in absoluter Düsternis nahezu eingängig. Dieses Kunststück gelingt nur wenigen anderen Bands – welch Freude, die Norweger in starker Form zurück zu wissen.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 16.06.2023
Erhältlich über: Dark Essence Records / Plastic Head (Soulfood Music)
Website: www.vulture-industries.net
Facebook: www.facebook.com/vultureindustries
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