Urne – A Feast On Sorrow
Nach einem starken Einstand wollten Urne herausfinden, wer sie – vor allem, aber nicht ausschließlich – musikalisch sind, was ihren Sound und ihr Bandgefüge ausmacht. Verluste im persönlichen Umfeld wirkten sich auf das neue Material auf und sorgten insgesamt für deutlich mehr Düsternis. Zudem konnte Gojira-Frontmann Joe Duplantier als Producer gewonnen werden, was ebenfalls nicht komplett an diesem Zweitling vorbeiging. „A Feast On Sorrow“ beschreitet neue Pfade mit vertrauten Mitteln und zeigt eine Band, die mehr denn je mit den eigenen Stoner-Sludge-, Prog- und Thrash-Konzepten experimentiert.
Der Titel des eröffnenden „The Flood Came Rushing In“ geht durchaus als Überschrift für diese Platte durch, fallen Urne doch hier geschickt mit der Tür ins Haus und zeigen sogleich, dass sie keinesfalls auf der Stelle treten. Das Rasseln der Kessel, das leicht entfremdete Thrash-Riff, die nahezu schwarzmetallische Atmosphäre, gewisse Sludgecore-Qualitäten – innerhalb einer Minute macht das Trio deutlich, dass es nicht zu Späßen aufgelegt ist. Ein vergleichsweise melodisches Solo im proggigen Umfeld, dazu kaputter Groove und fast schon hymnische Momente sorgen für ein Verwirrspiel, das bis zum Bandscheiben zerschmetternden Abgang anhält.
Hier wurde gekonnt nachjustiert, ohne alles über den Haufen zu werfen. Wie „Becoming The Ocean“ geradezu aus der Startbox explodiert, Gift und Galle speit und pure Bosheit mit Core-Elan und klassisch-proggigem Riffing vermengt, kommt gut. Hingegen strahlt das überlange „A Stumble Of Words“ kaum in Worte zu fassende Heavyness aus. Unendliche Schwere, überraschend filigrane Einschübe und ein hymnischer Soloteil, der selbst mit großen Thrash-Epikern mithalten kann – was braucht man mehr? Vielleicht noch das elfminütige „The Long Goodbye / Where Do The Memories Go?“, das sogar ein wenig Doom in den Sound holt, bevor die schwer groovende Abrissbirne folgt, mehrere Häutungen natürlich inklusive.
Umkrempeln ohne Revolution, so oder so ähnlich gingen Urne wohl ihr zweites Album an. Sämtliche Qualitäten des Einstands bleiben erhalten, bloß etwas anders zusammengesetzt und aufgezogen. Deutlich mehr Düsternis und emotionale Schwere begleiten das Unterfangen, während der Groove-Anteil in die Höhe schnellt. „A Feast On Sorrow“ fällt unberechenbar und komplex aus, trägt deutlich Duplantiers Handschrift und zeigt zugleich eine Band, die sich freischwimmt. Mehr denn je finden Urne zu sich, brechen Thrash- und Sludgecore-Erwartungen auf, ohne diese gänzlich zu ignorieren. Die Mischung stimmt und lässt Großes für die Zukunft vermuten.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 11.08.2023
Erhältlich über: Candlelight Records / PIAS (Rough Trade)
Website: urneofficial.com
Facebook: www.facebook.com/urneband
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