Cannibal Corpse – Chaos Horrific
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, doch kann ein neuer Gitarrist eine ganze Band zu Höchstleistungen antreiben. Seitdem der langjährige Producer und Tour-Gitarrist Erik Rutan fix bei Cannibal Corpse an Bord ist, zeigen sich die Death-Metal-Urgesteine in Bestform. Mehr noch, mit „Violence Unimagined“ gelang vor zweieinhalb Jahren ihr stärkstes Album seit langem. Dieser Trend soll sich mit „Chaos Horrific“ nun fortsetzen – für Bassist Alex Webster eine Fortsetzung des Überfliegers, der dennoch etwas anders, vielleicht sogar einen Hauch technischer klingt.
Exakt das versucht „Blood Blind“ und gerät erst eimal ins Stolpern. Der Auftakt wirkt etwas linkisch, kommt nicht so recht in Tritt. Stimmt hier etwas nicht? Mitnichten, denn sukzessive befreit sich der Midtempo-Stomper und legt brutales Sägen sowie Corpsegrinders gewohnt gutturale Vocals drüber. Eine zweite Raketenstufe zündet zum richtigen Zeitpunkt und zerlegt alles. Hingegen lässt „Overlords Of Violence“ erst einmal den Bass blubbern, bevor der Opener mit forscher, roher Energie vorangeht. Sämtliche Trademarks eines guten Cannibal Corpse-Tracks sind vorhanden, in drei knackigen Minuten bleibt kein Grashalm stehen.
Was die Veteranen aber auch beherrschen, sind dezent eingestreute, ranzige Melodie-Ansätze. Das stört den regulären Sound nicht, macht ihn bloß etwas wuchtiger und voluminöser. In „Fracture And Refracture“ passiert oberflächlich herzlich wenig, doch lassen diese kleinen Details den ansonsten eher braven Song immer weiter anwachsen, bevor ein schneidendes Solo alles zerlegt. Noch besser macht es „Drain You Empty“, das immer wieder kurz in faulige Death-Doom-Gefilde abdriftet, zwischendurch den Dampfhammer schwingt. Diese ranzige, räudige Stimmung wirkt Wunder und setzt packende frische Akzente frei. Klassische Wellenbrecher, wie „Summoned For Sacrifice“ oder „Pitchfork Impalement“, runden das Geschehen ab.
Eigentlich passiert hier gar nicht so viel Neues, doch muss das auch nicht sein. Cannibal Corpse bringen ein paar frische Feinheiten ein, brutal, technisch und etwas verschimmelt zugleich. Zudem setzt es Nackenschläge am laufenden Band, so brutal wie unnachgiebig. Was also macht „Chaos Horrific“ das zweite überragende Album in Folge? Vielleicht ist es der mächtige Sound, der mehr denn je reinknallt, oder die Fülle an mörderischen Riffs, die keine Gefangenen nimmt. Viel Abwechslung, mehr Druck im Midtempo-Sektor sowie spürbar mehr Wut im Bauch stützen cleveres Songwriting. Cannibal Corpse erleben einen weiteren Frühling und reiten auf einer blutigen Welle des Erfolgs.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 22.09.2023
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)
Website: www.cannibalcorpse.net
Facebook: www.facebook.com/cannibalcorpse
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