Mavis – Grief Is No Ally
Mavis hatten richtig viel Pech. Kaum waren sie in Schwung gekommen, legte die Welt eine Pause ein. Das erst 2019 gegründete Quartett aus Stuttgart nutzte die frühe Live-Erfahrung allerdings, um in der unvermeidlichen Bühnenpause an neuem Material zu arbeiten und zugleich kommende Auftritte zu planen. Seither betourte man den modernen Metalcore-Sound fleißig und legte mehrere verdient gefeierte Singles vor. Kurz vor dem Jahreswechsel landet mit „Grief Is No Ally“ nun sogar ein erstes komplettes Album, das erste Lorbeeren mehr als souverän bestätigt.
Der anfängliche Melodieteppich von „Furry Tongue“ macht sehr schnell deutlich, dass es hier eben nicht um 08/15-Core geht. Brutalität in den Strophen mit Djent-artigen Riffs und wütenden Screams trifft auf ein nicht von der Hand zu weisendes Harmoniebedürfnis, das sich in einem überdimensionalen Refrain äußert – hymnisch und doch vertrackt. Eine gewisse Widersprüchlichkeit schwingt nahezu permanent mit, verbindet Entfremdung mit Eingängigkeit und schiebt Vorhersehbarkeit den Riegel vor. Das gilt auch für „Calypso“ mit seinen überaus modernen Einschüben, synthetisch und doch bestimmt, zu denen sich ruppige Nackenschläge gesellen. Was nicht funktionieren sollte, zumindest dem Papier nach, weiß zu unterhalten.
Dieser Siegeszug setzt sich fort, beispielsweise im mit Gastgesang ausgestatteten „Limerent“. Lela Gruber von Venues drückt dem Track ihren Stempel auf und liefert sich stellenweise ein packendes Duett mit Phil Donay in diesem insgesamt rockigeren, melodischeren Song. Im Vergleich dazu wirkt das eröffnende „Insight“, nicht nur ob seiner opulenten Spielzeit, nahezu proggig. Mehrere durchaus komplexe Parts finden in einem Malstrom der Emotionen zusammen und spielen mit den Erwartungen. Hingegen geht es „Monsters“ richtig schön forsch an und erinnert dabei im besten Sinne an frühe Architects – technisch, beißend, dennoch von versöhnlichen Untertönen begleitet.
Und das ist letztlich nur eine von vielen Facetten, die dieses Album auskleiden. Mavis mögen zwar im Metalcore beheimatet sein, tun aber alles, um mit Erwartungen zu brechen. Wenn man dann doch eher traditionell ums Eck biegt, macht das doppelt und dreifach Laune. Insofern ist „Grief Is No Ally“ ein sympathischer Kunstgriff geworden, der dennoch organisch erscheint. Moderne bis anspruchsvolle Klänge, überdimensionale Hymnen, technischer Anspruch und wohldosiert eingesetzte Synthetik verschaffen dem Core eine überaus willkommene Frischzellenkur. Und: Die Songs sind einfach verdammt gut. Mavis landen mit ihrem Einstand einen absoluten Volltreffer und geben zugleich ein gewaltiges Versprechen für die Zukunft ab.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 15.12.2023
Erhältlich über: Arising Empire (Edel)
Website: mavisband.com
Facebook: www.facebook.com/maviscvlt
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