Atrophy – Asylum

| 14. März 2024 | 0 Comments
Atrophy

(c) Atrophy

Gut Ding will manchmal sehr, sehr viel Weile haben. Atrophy aus Tucson im US-Bundesstaat Arizona veröffentlichten Ende der 80er und Anfang der 90er zwei Thrash-Rohdiamanten, nur um bereits 1993 von der Bühne zu verschwinden. 2016 folgte das Comeback mit drei Originalmitgliedern, mehrere Line-up-Wechsel später blieb letztlich nur Frontmann Brian Zimmerman von der Originalbesetzung über. Dem Hörspaß tut das allerdings keinen Abbruch, denn „Asylum“, das erste Album seit stolzen 34 Jahren, ist ein feister Old-School-Thrash-Banger mit Bay-Area-Qualitäten geworden.

Thematisch hat man sich von den Wurzeln kaum wegbewegt, setzt sich weiterhin mit gesellschaftlichen Missständen, Aufstand und Gehirnwäsche auseinander. Songs wie das eröffnende „Punishment For All“ transportieren die sich dahinter verbergende Vehemenz verdammt stark und schreiten mit wachsender, ruppiger Begeisterung nach vorne. Die Thrash-Wurzeln in den 80ern lassen sich erkennen, Zimmerman klingt so giftig wie eh und je, dazu werden die Riffs rasiermesserscharf serviert. Hohes Tempo, kleinere melodische Parts und halsbrecherische Abschnitte für bestens aufgelegte Nackenwirbel nehmen keine Gefangenen.

Zugleich vermeiden es Atrophy, sich komplett auf 08/15 zu verlassen. Der Auftakt des epischen „Close My Eyes“ mit Klargesang und melodischer Gitarre wirkt wie ein Fremdkörper, macht aber unheimlich viel Laune. Dass sich dahinter eine derbe, sich mehrfach häutende Abrissbirne versteckt, passt ins Bild. Wütendes Aufstampfen, drastische Gesten und gekonnte Unvorhersehbarkeit erinnern ein wenig an die großen Machine Head-Alben vor etwa 15 Jahren. In „Seeds Of Sorrow“ setzt das Quintett hingegen auf Druck, auf bleierne Schwere und etwas Groove mittendrin – holprig und doch unheimlich spannend. Der Nackenrotor kreist, die schiere Wucht des Unterfangens weiß zu unterhalten.

Atrophy ziehen ihren Stiefel stur durch, was ihnen richtig gut bekommt. Als Band der zweiten bis dritten großen Thrash-Welle müssen sie das Rad nicht neu erfinden, setzen dennoch die eine oder andere kleine Duftmarke zwischen melodischem Feingefühl, dezent proggigen Untertönen und wütendem Groove. Und doch macht „Asylum“ immer dann Laune, wenn das US-Quintett ohne Rücksicht auf Verluste nach vorne geht und alles zerlegt, was sich gerade vor ihnen aufbaut. Kompromissloser Thrash mit cleverem Songwriting, ordentlich Wut im Bauch und hörbarer Spielfreude macht dieses Comeback zum musikalischen Fest. Hoffentlich bleibt es nicht bei einem One-Off.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 15.03.2024
Erhältlich über: Massacre Records (Soulfood Music)

Facebook: www.facebook.com/atrophyofficial

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Category: Magazin, Reviews

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