Kollapse – AR
Die Hässlichkeit der Gegenwart zu vertonen, ist so etwas wie die Spezialität von Kollapse. Aktuell meldet sich das dänische Trio mit einem Longplayer zurück, der bewusst so aggressiv, grob und ruppig wie nur möglich angelegt wurde, um persönlichen Problemen den nötigen Ausdruck zu verleihen. Exakt das soll man der Musik auch anhören, wenngleich sie außerdem Verständnis aufbringen will. Selbst wenn alles den Bach runtergeht, gibt es hier drei Herren, die das Gefühlschaos und die Wut nachvollziehen können. Und davon hat „AR“ eine ganze Menge.
„DØD“ setzt auf sägende bis schneidende Gitarren, auf eine Überdosis Distortion sowie auf wirbelnde Drums, denen der nervöse Basslauf zu folgen versucht. Wütende, schmerzerfüllte Screams setzen dem Geschehen die Krone auf. Binnen kürzester Zeit entsteht ein widerspenstiger Bastard von einem Song, der mit jeder weiteren Minute nur noch roher, noch kaputter wird. Selbst das fast komplett instrumentale Breakdown mittendrin mit seinen schneidenden Eskapaden spendet keinerlei Erholung. Wenn sich aus der überraschend angedeuteten Echokammer schließlich ein vertracktes und doch zähes Finale mit Sludge- und Math-Charakter erhebt, zersetzen sich die Gehörgänge von alleine.
Während man noch mit den Kopfschmerzen kämpft, sind Kollapse längst einige Türen weiter. Das mehr als acht Minuten lange „Dekomposition“ macht seinem Namen alle Ehre und gibt sich der sukzessiven Verwesung Preis. Sludge-artige Gebilde kollidieren mit Post-Hardcore und allerlei metallischen Wänden, während der Track in Zeitlupe einen unüberschaubaren Noise-Abgang ansteuert. Endlose Schleifen zersetzen letzte Reste des Anstands. Stark ist auch das tiefschwarze „Autofagia“, dessen Blackened-Hardcore-Einschlag positiv überrascht und perfekt zum so und so an die Substanz gehenden Sound passt – ein Wunderding puristischer Bosheit.
Kollapse deuten mit den Songtiteln ihres neuen Longplayers die Lebensstadien von Insekten an, unweigerliches Ende inklusive. Dass man hiermit keinen Schönheitspreis gewinnen will, ist deutlich, wäre aber auch das falsche Signal gewesen. Auf „AR“ zeigen sich die Dänen tatsächlich noch eine Spur sperriger und hässlicher, schreiten der Reizüberflutung mutig entgegen und bieten dem Wahnsinn eine aufregende Bühne. Das Trio serviert störrischen, experimentellen Noise, der in aller Verzweiflung doch tröstliche Qualitäten aufweist – was für eine Grenzerfahrung.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 08.03.2024
Erhältlich über: Fysisk Format
Facebook: www.facebook.com/Kollapseband
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