O Zorn! – Vermillion Haze
Los Angeles ist alles, nur nicht eitel Sonnenschein. Das wissen O Zorn! nur zu gut und wollen exakt diese Erfahrung auf Platte bannen. Im Schatten der Palmenbäume lauern katastrophale Zustände, und der irgendwo zwischen Post Metal, Sludge und Doom angesiedelte Sound des Quartetts reflektiert genau das. Für ihren neuesten Streich „Vermillion Haze“ ließ man sich außerdem von den Widrigkeiten der letzten Jahre inspirieren, von Trauer und Verlust, von Hoffnungslosigkeit und dem Versuch, eine bessere Zukunft zu begrüßen.
„Never Saw It Coming“ ist einer der persönlich gefärbten Tracks mit tragischem Hintergrund, die sich mit nervöser Energie durch die Szenerie schleppen. Bill Kieltys packende Vocals, gepaart mit dem ominösen Sound, schlagen eine Art imaginäre Brücke zwischen Red Fang und A Pale Horse Named Death – klingt wie ein Widerspruch in sich, weiß aber zu unterhalten. Eine bekömmliche und doch beklemmende Hook schält sich aus dem Dickicht, rundherum regiert ein Gewirr der Stimmen, begleitet von eigentümlicher Rhythmik und ganz viel Seelensuche. Der Blick hinter die menschliche Fassade klingt so unbequem und anti-versöhnlich wie möglich – ein Happening von einem Song.
Am Ende des Albums lauert mit „Ricochet“ ein weiterer Leckerbissen. O Zorn! kommen nur langsam in die Gänge, während die Gitarre finstere Töne anschlägt – eine unangenehme Erfahrung, die in doomige Untiefen zieht, dabei jedoch sumpfiges Riffing propagiert. Eine nahezu sakrale Erfahrung wird mit seelischer Enttäuschung konfrontiert, das unterhält mindestens so sehr wie das feiste, drückende „New Suffer“. Hier bemüht das Quartett fast so etwas wie Groove, von manischen Schockwellen durchzogen und in einem Meer an Heavyness badend. Massivste Klangwände drohen das Innenleben zu erdrücken, während die melodischen Ansätze nicht mehr aus dem Ohr gehen.
Hinter diesen vermeintlichen Widersprüchen verbirgt sich ein packendes, unangenehmes und doch so anziehendes Album. O Zorn! leben und atmen die Finsternis des Seins, stürzen sich mit wachsender Begeisterung Abgründe der Enttäuschung hinab und finden dabei immer wieder ein vorsichtig schimmerndes Licht am Ende des emotionalen Tunnels. „Vermillion Haze“ bewegt sich grundsätzlich in Post-Metal-Gefilden und ist doch auf angenehmste Weise so viel mehr. Doomiger Sludge, Gothic-Ansätze, majestätische Riffs und bitterste Süße tummeln sich im Schlamm des Seins und sezieren den Underbelly gekonnt. Dass O Zorn! nicht längst viel größer sind, ist eigentlich eine Frechheit.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 15.03.2024
Erhältlich über: Hard Drugs / Seeing Red Records
Website: www.ozornrocks.com
Facebook: www.facebook.com/ozornrocks
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