Dvne – Voidkind
Der größte Druck im Hause Dvne geht von der Band selbst aus. Die französisch-schottische Formation, durch den Einstieg von Maxime Keller am Keyboard zum Quintett angewachsen, war mit ihrem Metal Blade-Einstand „Etemen Ænka“ durchaus zufrieden, merkte auf der Bühne jedoch, dass etwas fehlte. Für die Extreme-Progger war es eine Form der Direktheit, welche die ellenlangen Epen künftig ergänzen sollte. Neben dem komplexen Langformat gibt es auf „Voidkind“ zunehmend geradlinige Nackenschläge, begleitet von einem ausdifferenzierteren Sound, der den Mix aus Prog, Sludge und allerlei anderen anspruchsvollen bis rauen Metal-Subgenres vertieft.
Konzeptuell einmal mehr vom übergeordneten Narrativ einer religiösen Gemeinschaft im Wandel der Zeit beeinflusst, zeigt bereits das eröffnende „Summa Blasphemia“ den etwas anderen Ansatz gekonnt. Die einzelnen Instrumente sollten mehr Raum erhalten, teils auf eigene Audiokanäle gelegt, was für deutlich mehr Volumen sorgt. Victor Vicart zeigt sich an vorderster Front in bestechender Form. Hymnischer Klargesang und infernale Growls finden wunderbar zusammen, donnernde Drums und packende Synthetik duellieren sich, während die Gitarren von links und rechts immer wieder wütende Husarenritte versuchen. Bärbeißige Sludge-Weisheiten und feinsinniger Neo-Prog finden auf chaotische, dennoch immer mitreißende Weise zusammen.
Tracks wie „Sarmatae“ funktionieren erst jetzt, weil das Quintett exakt weiß, was es will. Mit viereinhalb Minuten geradezu radiofreundlich ausgelegt, fährt der Track frontal ins Gesicht, treibt die Urgewalt voran und findet doch immer wieder zu Momenten absoluter Erhabenheit. In „Pleroma“ wird es eingängig, stellenweise geradezu zurückgenommen und vorsichtig – für Dvne nahezu balladesk, nur um im nächsten Moment beherzt zuzulangen. Auch „Cobalt Sun Necropolis“ gibt eine gefühlte halbe Ewigkeit die dramatische Hymne, bevor sich der Himmel verfinstert und die große Abfahrt vorbereitet. Dort wartet bereits „Eleonora“, in dessen Brust – ach – zwei Herzen schlagen. Wilde Eskalation und technisch versiertes Feingefühl heben das Geschehen auf ein neues Level.
Obwohl sich das stellenweise unfassbar hohe Niveau nicht über die komplette Spielzeit halten lässt, machen Dvne auf ihrem dritten Album einen gewaltigen Schritt nach vorne. Die schräge, eigentümliche, gerne mal schwer zu greifende Mischung der Vorgänger findet sich auf „Voidkind“ immer noch, erhält bloß etwas mehr Freiraum, darf atmen und sich geradezu organisch entwickeln. An den Sludge-Extremen und tödlichen Ritten auf der Rasierklinge wird nicht eingespart, zugleich wirken die klassischen Prog-Anteile größer und voluminöser, finden prima mit der Brachialgewalt zusammen. Dvne deuten hier Großes an, lassen noch etwas Luft nach oben und klopfen an der Tür zum ganz großen Wurf. In dieser Form sollte das nur eine Frage der Zeit sein.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 19.04.2024
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/DvneUK
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