Demersal – Demersal
Wenige Bands bringen derart ungefilterte rohe Emotionen und wohlige Widersprüche in ihren Sound ein wie Demersal. Das dänische Quartett aus Odense und Kopenhagen sorgte mit einem Album und einer EP zwischen Screamo, Post-Hardcore, Ambient und Black-Metal-Entladungen bereits für Aufmerksamkeit. Mit dem neuesten Release wollten sie nun die dunkelsten Ecken der eigenen Psyche sowie des kollektiven gesellschaftlichen Bewusstseins ausloten und setzen auf vollkommene Explosion. Schlicht und ergreifend „Demersal“ benannt, drehen die Nordlichter komplett am Rad.
„Lys I Natten“ war als Vorbote eine wunderbare Wahl, packt es doch die widersprüchlichen Emotionen dieser Platte gekonnt in unter zwei Minuten und schlägt dabei wild um sich. Vom ominösen, verhaltenen Auftakt über die wilden Hiebe bis hin zu himmlischen, spannungsgeladenen Momenten der Post-Offenbarung ist hier alles vorhanden. Anschließlich bemüht „Something“, mehr als doppelt so lang, den gefühlvollen Spannungsaufbau, der Raum für Math-artige Explosionen und bissigen Post Metal lässt, der aber auch seine ellenlangen Zäsuren und den Ambient-Schlussakt liebt. Minutenlanges Verharren in melodischer, feinsinniger Schockstarre weiß zu überraschen – wieder ganz anders, wieder verdammt gut.
Kein Song gleicht dem anderen, überall stecken gefühlt genug Ideen für komplette Alben drinnen. Das gilt auch für „Det Mindste Ingenting“, dessen wiederholte Explosionen Schmerzen bereiten, das aber auch einen feinen Hauch Riffgewalt andeutet und im Schlussakt abbricht, bevor es zu hymnisch wird. „Androide Identiteter“ ist da schon einige Türen weiter und arbeitet eine halbe Ewigkeit auf den präzisen Nackenschlag hin, der mit manischen Druckwellen, effektbeladenen Gitarren und finsteren Zäsuren wiederholt zu schockieren versucht. Demersal proben den Aufstand gegen eine nicht näher benannte Entität, wenngleich der Abgang sogar Versöhnliches andeutet.
Der nahezu konstante Widerspruch dieses Albums, begleitet von mächtig Tiefgang und dem konzentrierten Ausloten betont bedrückender Ecken, zieht ganz schön runter. Demersal machen es sich und ihrem Publikum natürlich nicht einfach, das wäre ja noch schöner. Der Ritt auf dem Pulverfass glänzt zwar durch seltene Momente verwaschener Hoffnung, langt jedoch viel lieber beherzt zu. Auf dem zweiten Album wagen sich die Dänen in komplexe Untiefen vor, zerlegen alles, was sich ihnen in den Weg steht, spielen mit Math und verschiedensten Post-Spielarten der derben Art, haben aber auch ein Herz für Schönklang und Nachdenklichkeit. Einmal durchgekaut und ausgespuckt, bitte: Demersal konsolidieren sich auf verdammt starkem Niveau.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 10.05.2024
Erhältlich über: Eigenvertrieb
Facebook: www.facebook.com/DemersalOfficial
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