Octohawk – Determinist
Mit ihrem ersten Album „Animist“ stiegen Octohawk binnen kürzester Zeit zum Geheimtipp auf. Die progressive Herangehensweise an vertraute Sludge-Klänge, die im besten Sinne an Mastodon vor ihren großen Prog-Werken erinnert, ließ den Rohdiamanten hell erstrahlen. Behandelte das norwegische Quartett auf besagtem Einstand noch prähistorische Welten, so wandeln sie nun in einem Universum des Determinismus, welche die Illusion des freien Willen aufgegeben hat. „Determinist“ philosophiert über eine Welt, der die Magie verlorengegangen ist.
Das wütende, epische und knüppelharte „Arcane Dawn“ bemüht ein absolutes Mehr an Wucht. Kleine Eruptionen dringen an die Oberfläche, während Stiano Svorkmo roh, beschwörend, derb und hymnisch zugleich singt und brüllt. Die ganze Zeit fühlt man sich von einem Extrem zum nächsten gezogen, bevor feinsinnige Melodien in Richtung Ohrwurm drängen, von Rock-Untertönen begleitet. Wiederholte und doch stets stimmige Häutungen begleiten das Geschehen. Alleine schon der rohe Sound des Tieftöners macht Laune, wenn urplötzlich eskalierende Uptempo-Parts mit einem dichten Melodieteppich kollidieren. Was passiert hier eigentlich gerade?
Während man sich noch diese und andere Fragen stellt, wachsen Octohawk einfach weiter über sich hinaus. „Beyond Tomorrow“ bemüht das post-metallische Hackbrett, ist in seinen kleinen, aber feinen Zwischensprints unfassbar zerstörerisch, bevor jazzige (!) Einschübe für die nötige Auflockerung sorgen und die Düsternis mit Eingängigkeit konfrontieren. „Decode“ überrascht mit einem Hard-Rock-Riff, das wiederholte Variationen und Entfremdungen erfährt. Ein ausgedehnter, proggig-psychedelischer Mittelteil setzt eine Duftmarke und unterstreicht zugleich die große Musikalität dieser Truppe, die nebenher mehrstimmige Passagen und Hackbrett-Hymnen aus dem Ärmel schüttelt.
Dieser permanente, schwer zu durchblickende und doch gänzlich für sich einnehmende Wahnsinn ist es, der Octohawk auszeichnet. Obendrein macht man es sich mit einem reinen Mastodon-Vergleich viel zu einfach, denn „Determinist“ ist so viel mehr. Hoher technischer Anspruch und Polyrhythmik treffen auf schroffe Frontalattacken, die von hymnischem Charme und großen Melodien abgelöst werden, bevor ein kleiner, aber abgedrehter Jam folgt. Selbstverständlich muss man kräftig in diese Platte investieren, während sich das Nervenkostüm geradezu von selbst zerlegt, doch lohnt sich das ohne Frage. Bereits mit ihrem zweiten Album gelingt Octohawk der große Wurf – eine Platte, an der es eigentlich kein Vorbeikommen geben darf.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 07.06.2024
Erhältlich über: Crime Records
Facebook: www.facebook.com/octohawkband
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