Oh Hiroshima – All Things Shining
Auch als Duo sind Oh Hiroshima richtig gut, wie sie vor etas über zwei Jahren auf „Myriad“ zeigten. Die kontinuierliche Öffnung des Post-Rock-Sounds gelang den Brüdern aus dem hohen Norden prima, von deutlich mehr Shoegaze und anderen Rock-Spielarten begleitet. Exakt da geht es nun weiter, wenngleich es mit Pelagic inzwischen eine neue, überaus passende Heimat gibt. Im Studio abermals von Cult Of Luna-Prominenz tatkräftig unterstützt, baut „All Things Shining“ die eigene musikalische Präsentation erfolgreich aus.
Mit dem drückenden Opener „Wild Iris“ gelingt so etwas wie ein Mission Statement, dessen drückende Direktheit durchaus neue Seiten aufzieht, zunächst unheilvoll bis metallisch wirkt, bevor sachte Indie-Vibes Einzug halten und das Post-Rock-Konzept mit proggigen Einschüben entfremden. Schroffe Dissonanzen, weitflächige Epik und federleichte Exkurse finden unfassbar stark zusammen. Hingegen zäumt „Rite Of Passage“ das sprichwörtliche Pferd von hinten auf, bemüht Soundtrack-Atmosphäre nebst semi-balladesken Mustern und tastet sich erst einmal vorsichtig, schwerfällig voran. Eine nervös singende Gitarre brennt sich ein.
„Memorabilia“, der zweite Siebenminüter, wirkt im Vergleich klassisch und erhaben. Oh Hiroshima bemühen relativ typischen Post Rock, reduzieren den Gesang auf ein Minimum und betten ihn tief im Arrangement ein. Vorsichtiges Schleichen, mächtiges Aufbrausen und bewusst unbequeme Zwischentöne faszinieren. Im Gegensatz dazu klingt „Secret Youth“ wie ein moderner Art-Rock-Track mit Prog-Flair, voller dichter Harmonien und kleiner Kniffe, die sich mehr denn je vom Post-Schaffen wegbewegen und die Songdienlichkeit in den Mittelpunkt rücken – auch dieses Unterfangen gelingt und schafft einen kleinen Ohrwurm, auf den „Holiness Movement“ mit archetypischen Eruptionen antwortet.
Wie nur wenige andere Bands verstehen es Oh Hiroshima, gekonnt und doch nie anstrengend, nie des Experimentes und des Anspruchs wegen, in musikalischen Grenzgebieten zu wandeln. „All Things Shining“ dehnt das Verständnis dessen, was Post Rock ausmacht, nahezu bis zur Unkenntlichkeit aus und reißt letzte Mini-Grenzen ein. Der Gaze-Ansatz, die metallische Wucht, die Art-Prog-Ausritte, die Soundtrack-Atmosphäre, aber auch die klassischen Genre-Tracks – all das findet letztlich wunderbar und mitreißend zu einem großen Ganzen zusammen. Es lohnt sich, bei dieser famosen Platte am Ball zu bleiben, denn Oh Hiroshima legen einen echten Leckerbissen vor, der mit der Zeit seine volle Strahlkraft entfaltet.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 28.06.2024
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)
Facebook: www.facebook.com/ohhiroshima
Slider-Pic (c) Ellen Hemström & Oskar Nilsson
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