Outlander – Acts Of Harm
Aus den industriellen Untiefen Birminghams erhebt sich einmal mehr ein kleiner Geheimtipp. Exakt das sind Outlander für Post-Rock- und Shoegaze-Fans. Sie nennen ihren Sound ‚Slow Rock‘ betont langsam und gemächlich, episch und voller dichter Texturen, gesanglich dafür bestensfalls spärlich ausgestattet. Nach einem ersten Album griff Church Road zu, wo nach einer kleinen EP nun der Nachfolger in den Startlöchern steht. „Acts Of Harm“ gibt sich verträumt und doch dringlich, vollends dem Zwiespalt des emotionalen Seins gewidmet.
Zwei mächtige musikalische Batzen leiten diese Platte ein. Zunächst schleicht sich „Bound“ betont vorsichtig an, baut seinen Melodieteppich geradezu unscheinbar auf und zieht letztlich doch in einen emotionalen Sog – späte Eruption, leicht schaumgebremst, und doch so drückend. Die Distortion über dem gemächlichen Schleichangriff fährt durch Mark und Bein. So schrill wird es im anschließenden „Want No More“ nicht, dafür gehen Outlander hier früher und öfter in die Vollen. Mächtige Klangwälle, tief ins Arrangement eingebettete, ätherische Vocals und Alternative-artige Gitarrensalven lassen den Song immer wieder aufbrennen.
Das Herzstück findet sich aber erst kurz vor Schluss. „Lye Waste“ reizt seine knapp zwölf Minuten mit wachsender Begeisterung aus. Minimalistischer, eindringlicher Gesäng kollidiert mit Gitarrentürmen und immer lauter werdenden Drums. Eine mächtige Zäsur reißt alles nieder und baut neu auf, erneut fragil und leise. Die Knospen springen auf und legen anmutige Schönheit offen – nahezu doomig im Tempo und so packend, so wertig und so voluminös. Die schiere Intensität dieses Tracks bleibt hängen. Vergleichsweise kurze, kompakte Episoden wie „Orbit“ brechen diese Formel auf unter vier Minuten herab. Das sollte eigentlich nicht so hervorragend funktionieren, tut es aber dennoch.
Die ungewöhnliche Präsentation und der verträumte Shoegaze gestalten den Sound von Outlander im besten Sinne anders und zugleich überaus packend. Die unorthodoxe, einnehmende Epik ihres zweiten Albums packt zu, sobald man sich auf darauf eingelassen hat. „Acts Of Harm“ lebt von seinen bezaubernden Texturen, von seinem emotional aufgeladenen Feingeist, aber auch von den schroffen, ruppigen, nahezu rabiaten Zwischenspielen. Die Suche der eigenen Mitte wird zur Tour de Force, der man gerne beiwohnt – narrativ gesteuerte Freeform, die selbst für Post-Rock-Verhältnisse viel wagt und noch mehr gewinnt.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 28.06.2024
Erhältlich über: Church Road Records
Facebook: www.facebook.com/outlandertheband
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