Replacire – The Center That Cannot Hold
Sieben Jahre zwischen zwei Alben mögen eine halbe Ewigkeit sein, doch für Replacire ging es nicht anders. Mastermind Eric Alper (der Bandname ist sein Name, bloß rückwärts) musste weite Teile des Line-ups umbauen. Unter anderem wurde mit James Dorton (The Faceless, Black Crown Initiate) ein neuer Frontmann begrüßt. Kaum sollte es weitergehen, kam die Pandemie, was dem Songwriting-Prozess nicht gerade zuträglich war. Irgendwann konnte man doch wieder weiterarbeiten, Details ausarbeiten und dem wahnwitzigen Tech-Death-Sound ein Gesicht bieten. Mit „The Center That Cannot Hold“ meldet sich das US-Quintett mächtig zurück.
Dass diese neue Besetzung ein Glücksgriff war, zeigt sich von Beginn an. „Bloody-Tongued And Screaming“ eröffnet wild, abgedreht und anspruchsvoll. Technische Brutalität, das Spiel mit Ebbe und Flut, urplötzliche Explosionen und die ominöse Grundstimmung, dazu Dortons gutturale Vocals – hier passt alles. Im anschließenden Titelsong überrascht ein synthetisch angehauchter Drumbeat mit leichtem Industrial-Flair. Keine Sorge, das sind immer noch Replacire, die dieses kleine Experiment mit dem einen oder anderen forschen Ausritt versehen und sich dabei mit wachsender Begeisterung selbst überschlagen.
Wie „Hoard The Trauma Like Wealth“ in media res startet, erst einmal alles niederpflügt und auf dem Höhepunkt mit Neo-Prog und Klargesang verblüfft, ist eine wahre Ohrenweide. Erstaunlich klassische Töne und jazzige Einflüsse setzen frische Duftmarken, langen beherzt zu und werden im richtigen Moment wieder gekonnt ungemütlich. Ein paar Türen weiter spielt „A Fine Manipulation“ schon mal mit klassischem Death Metal, bevor markiges Geballer die Oberhand gewinnt, von nicht minder wilder Gitarrenarbeit und erneut beklemmendem Gesang begleitet. In 260 Sekunden häuten sich Replacire unzählige Male, was ihnen bestens bekommt.
Kompromisse gibt es nicht im Hause Replacire. Von der ersten Sekunde an geht die US-Formation in die Vollen, langt beherzt zu und ruft sämtliche Qualitäten mit wachsender Begeisterung ab. Das Ergebnis ist brachial, anspruchsvoll, technisch versiert und finster, zugleich überaus clever ausproduziert und arrangiert. „The Center That Cannot Hold“ verbindet Liebe zum Detail mit einem Herz für wütenden Death Metal und spannenden progressiven Qualitäten zum Drüberstreuen – ein überaus mitreißendes Album und zugleich willkommenes Quasi-Comeback dieser Formation.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 21.06.2024
Erhältlich über: Season of Mist (Soulfood Music)
Facebook: www.facebook.com/Replacire
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