Sumac – The Healer
Zeit ist für Sumac ein eigenwilliges Konzept, das überaus frei ausgelegt wird. Das Trio um aktuelle und ehemalige Mitglieder von Botch, Russian Circles, Baptists, These Arms Are Snakes und Isis verlangt Geduld auf allen Ebenen. Ihr letztes reguläres Album ist knapp vier Jahre her, vor zwei Jahren erschien ein weiteres gemeinsames Werk mit Keiji Haino. An Sound und Ausrichtung änderte sich herzlich wenig – schwerfällig, hässlich, zwischen Gift, Galle und Drone-Schleifen gefangen. „The Healer“ ist wohl bestenfalls sarkastisch zu verstehen.
Vier Tracks, zusammen knapp 76 Minuten Spielzeit – da ist klar, was man bekommt. „World Of Light“ klatscht gleich mal 26 Minuten hin und hat seine helle Freude daran. Der Stotterstart mit den wild wirbelnden Drumsalven verstört, wenngleich das Einsetzen der gutturalen Growls keine wirkliche Linderung bringt. Was hier passiert, ist unklar, zumal das Spiel mit dem Rhythmus fast schon jazzige Qualitäten annimmt, nur um ein weiteres Mal in kaputter Schwere zu versinken. Ein komplett abgefucktes Finale mit Botch-Qualitäten überrascht dann doch. „Yellow Dawn“ bringt nur die halbe Spielzeit aufs Parkett, wirkt massiv und doomig, bevor die obligatorische Entfremdung mit wüsten Salven des Wahnsinns kollidiert. Warum auch nicht.
Angriffslustig, das umschreibt „New Rites“ wohl am besten. Zwischen Stotterstart, wiederholtem Aufbranden und kleinen Zusammenbrüchen entwickelt sich eine weitere wahnwitzige Episode, die vor allem virtuoses Drumming in den Vordergrund holt. Progressive Qualitäten schwingen mit, verbinden Math mit Post Black und eskalieren zwischendurch komplett. Schließlich taucht mit „The Stone’s Throw“ der zweite Gigant auf. Das Besondere dieses Mammuts liegt in den Zäsuren, die mit klassischen Qualitäten flirten und sich letztlich doch selbst im Wege stehen – ein sperriges Unterfangen, bevor typische Isis-Intensität in das zunehmend überdrehte Finale führt.
Auf große Neuerungen verzichten Sumac und blasen stattdessen ‚einfach‘ alles deutlich weiter auf. Sollte es in der Vergangenheit tatsächlich so etwas wie Grenzen des Machbaren gegeben haben, des Verarbeitbaren, so werden diese von „The Healer“ einmal mehr nach allen Regeln der Kunst torpediert. Die Überlänge der Überlänge zwingt in die Knie und verlangt ein Maximum an Geduld. Dass selbst in den kaputtesten Noise-Schleifen die schwer zu benennende Attraktivität und Faszination der musikalischen Gratwanderung bestehen bleibt, spricht mit Sicherheit für das Trio. Einmal mehr zerstören Sumac Konventionen mit wachsender Begeisterung.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 21.06.2024
Erhältlich über: Thrill Jockey Records (Indigo)
Facebook: www.facebook.com/SUMACBAND
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