Grid – The World Before Us
Grid aus New York gelten seit geraumer Zeit als Post-Metal-Geheimtipp, der mit wachsender Begeisterung die Grenzen harter Musik auslotet. Auf den bisherigen Releases – ein Album, eine später neu aufgenommene EP sowie diverse einzelne Tracks – präsentierte man sich weitestgehend instrumental, von Sludge-Härte bis filigraner Atmosphäre betont breit aufgestellt. In dieser Gangart geht es nun weiter, denn nach über sechs Jahren landet mit „The World Before Us“ eine komplett neue Platte. Doch nicht nur das, jetzt darf erstmals auch etwas Gesang Einzug halten.
„Our History Hidden“, der nach einem kleinen Intro platzierte Zwölfminüter, macht die überbordende Mission der US-Amerikaner deutlich. Wenn die Vocals nach zwei Minuten einsetzen, fragt man sich, warum man erst jetzt, erst auf dieser Platte darauf zurückgreift. Gitarrist Brian Harrigan verfügt über eine kraftvolle, ausdrucksstarke Stimme, die perfekt zur dichten Atmosphäre und greifbaren Spannung passt – massiv und doch von einer gewissen Leichtigkeit geprägt. Letztlich wird sie zu einem Instrument von vielen, denn der Track häutet sich wiederholt und konzentriert. Gerade der ellenlange Mittelteil zwischen Statik und wechselndem Rhythmus brennt sich ein.
Auch „Architects Of Our World“ macht Laune. Der Vorbote überrascht mit spacigen, psychedelischen Klängen zum Auftakt und treibt die Verfremdung mit wachsender Begeisterung voran. Leichte Tool-Erinnerungen werden bei diesem Ausreizen musikalischer Zwischenräume wach, bevor wütende und doch sphärische Vocals das Heft kurze Zeit doppelt und dreifach fest in die Hand nehmen. Mehrere kleine Zäsuren, Alternative-Metal-Riffing, angedeutete Sludge-Heavyness und das bewusste Torpedieren des Arrangements mit kaputten Effekten und Keys machen jede kleine Wiederholung noch einen Tacken schmerzhafter … und faszinierender.
In der Überlänge liegt die Kraft, und Grid setzen diese mehr als gekonnt ein. Zuerst einlullend, dann aufwühlend, letztlich zerstörerisch, so präsentiert sich „The World Before Us“ von der ersten bis zur letzten Minute. Sphärische Leichtigkeit kollidiert mit brachialer Komplexität und willkommenen Zwischentönen. Der Einsatz von Vocals ist mehr als willkommen, die beißende Härte kommt gut, doch sind es gerade die spacigen Zwischenspiele, die mit der Statik kollidieren und diesen neuen Longplayer entsprechend unberechenbar erscheinen lassen. Grid finden ihre eigene Post-Metal-Nische, proggig und doch so roh, noisig und zugleich herrlich idyllisch – ein weiterer kleiner Leckerbissen, der wie für gute Kopfhörer gemacht ist.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 27.07.2024
Erhältlich über: Eigenvertrieb
Facebook: www.facebook.com/gridbandofficial
Letzte Kommentare