delving – All Paths Diverge

| 22. August 2024 | 0 Comments
delving

(c) Leon de Backer

Wie so viele andere Menschen hatte Nick DiSalvo während den Lockdowns viel Zeit. Mit delving rief er einen Solo-Nebenschauplatz ins Leben, der sich krautigen bis psychedelischen Klängen widmet. Bei der Tour zum ersten Album „Hirschbrunnen“ kristallisierte sich letztlich ein komplettes Line-up heraus. Zwischen Live-Auftritten und Studio-Sessions mit seiner Hauptband Elder blieb Zeit für neue Musik. „All Paths Diverge“ versteht DiSalvo als Antwort auf das alte Sprichwort ‚Alle Wege führen nach Rom‘.

Damit will der Multi-Instrumentalist sagen, dass Veränderung unvermeidbar ist, dass letztlich doch nichts vorbestimmt ist – das passt auch zur Geburt und Entwicklung von delving. Sieben gewohnt überlange Songs buhlen um Aufmerksamkeit, allen voran natürlich das mehr als 13 Minuten lange Herzstück „Zodiak“. Es wird zum Schaulaufen für DiSalvo und seine Band um Musiker von Weite, Maggot Heart und, nun ja, Elder. Das krautig-proggige Spiel mit Melodiefolgen und leichten Variationen brennt sich mit jeder kleinen Erweiterung ein, zieht sich in engen Schleifen durch den Auftakt, bevor psychedelische Entfremdung, forsches Aufbrausen und abgedrehte Hard-Rock-Soli das Geschehen torpedieren. Selbst der ellenlange Abgang mit Ambient-Untertönen kommt gut.

In „Omnipresence“ wird die elektronische Nähe des Kraut-Genres zu Beginn verdeutlicht, wenn zartes Mäandern das schrittweise Annähern wagt. Die kraftvolle Rhythmusabteilung nimmt das Heft in die Hand, vor allem der druckvolle Basslauf brennt sich ein, während feinsinnige Gitarreneinschübe und Melodieteppiche darüber ihre Kreise ziehen. Das abschließende „Vanish With Grace“ wird, ganz dem Titel entsprechend, zum stilvollen Finale. 80s-Synthetik kollidiert mit klassischen Prog-Ansätzen, das vorsichtige Anschwellen in kompakten Dosen geht unter die Haut. Wenn im letzten Drittel plötzlich ein Drum-Computer übernimmt und mit TripHop-Experimentalität am falschen Fuß erwischt, ist alles eitel.

Durch diese breitere Aufstellung gehen delving tatsächlich weiter in die Tiefe und entlocken dem ohnehin bereits spannenden Sound neue Zwischentöne, die mitten ins Herz treffen. Krautig, psychedelisch, dazu noch proggiger, melodischer, ja sogar synthetischer: „All Paths Diverge“ nimmt alles mit, ohne auch nur eine Spur anstrengend oder überladen zu wirken. delving behalten sich ihre wertvolle Leichtfüßigkeit bei, kosten ihren wirklichen musikalischen Mikrokomos weiter aus und laden zu einer Gedankenreise mit Kopfhörern ein, die Eskapismus mit Qualität zu kreuzen vermag.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 23.08.2024
Erhältlich über: Stickman Records (Soulfood Music)

Facebook: www.facebook.com/delvingmusic

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Category: Magazin, Reviews

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