Gyfth – Muss los
Mit Gyfth langt ein hoffentlich bald nicht mehr ganz so geheimer Tipp aus heimischen Landen aktuell beherzt zu. Bereits die erste EP „Aus allen Wolken“ vor zwei Jahren war ein wahnwitziges Sammelsurium, irgendwo rund um Post-Hardcore und allerlei metallische Extreme aufgebaut, ruppig und hymnisch zugleich. Anstatt in die Metalcore-Falle der Vorhersehbarkeit zu tappen, geht es auf dem ersten kompletten Album noch kompromissloser zu Werk. Etatmäßige Düsternis, Pop-Charme und Brachialgewalt mit Augenzwinkern machen sich auf „Muss los“ breit.
Die Video-Auskopplung „Opfer!“ eröffnet den wilden Reigen furios und intensiv. Erst schlägt die Turmuhr zur vollen Stunde, dann wird es heavy und bissig. Deutsche Texte fallen mit der Tür ins Haus und ringen mit dem sozialen Druck, wenn Entscheidungen erzwungen werden, begleitet von mitunter negativen Konsequenzen. Ein überraschend großer Refrain taucht aus dem Nirgendwo auf und lässt sich prima mitbrüllen. Danach nimmt „Deine Party“ erst einmal das Tempo ein wenig heraus und definiert sich über Wucht sowie über klar gesungene, fast schon geflüsterte Passagen, die zwischendurch kalte Schauer den Rücken hinabjagen.
Kalt, aber keinesfalls unterkühlt, so geht es auch in „Schnee über Wien“ vor sich. Leise rieselt der Nackenschlag, ein vorsichtiges Andocken an die Metalcore-Anfänge eines Genres, jedoch mit der längst vertrauten Gyfth-Handschrift. Stakkato-Attacken fallen tödlich aus, der Mittelteil kommt verspielt rüber. Etwas später ist der „Akku leer“, doch lässt sich das Quintett nichts davon anmerken, bemüht drastische Gesten und spitze Schreie. Kaum ist der „Ansturm“ abgewehrt, peitscht man sich ein. ‚Immer weiter‘ heißt es zwischendurch, es folgt ein angedeutetes Gitarrensolo. Im abschließenden Quasi-Titelsong „(Bruder) Muss los“ ziehen Gyfth noch einmal sämtliche Register, begleitet vom wohl besten Riff der gesamten Platte.
Nach gut einer halben Stunde ist schon wieder Schluss – passt auch, man muss das erst einmal verdauen. Natürlich drängen sich Vergleiche mit Kora Winter und frühen Callejon auf, die ebenso mit deutschen Texten und Core-Husarenritten überraschten, ungewohnte Kombinationen setzten und damit dennoch abräumten. „Muss los“ gelingt das ebenso, vielleicht sogar noch einen Tacken düsterer und extremer. Gyfth machen einfach, langen wiederholt beherzt zu und gehen gerne mal an die Schmerzgrenze. Dieses kurze, aber verdammt effektive Album macht von der ersten bis zur letzten Sekunde richtig Bock.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 09.08.2024
Erhältlich über: Labelservices.at
Facebook: www.facebook.com/gyfthofficial
Category: Local Bands, Magazin, Reviews
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