Kingcrow – Hopium
Seit 1996, anfangs noch als ‚Earth Shaker‘, sind Kingcrow aus Anguillara Sabazia in der Umgebung Roms im Dienste der progressiven Mission unterwegs. Mit ihrem Mix aus klassischen Tönen und hymnischer Moderne im Grenzgebiet zwischen Rock und Metal setzte es in der Vergangenheit gleich sieben Studioalben. Nunmehr bei Season of Mist unter Vertrag, bemühen die Italiener mit „Hopium“ den sprichwörtlichen nächsten Schritt auf der Erfolgsleiter des komplexen Anspruchs.
Mit den ersten beiden, vergleichsweise kurzen Songs sagen Kingcrow so ziemlich alles und machen zugleich Lust auf mehr. Das fanfarenartige „Kintsugi“ eröffnet massiv und breitbeinig, bevor ein verspieltes Riff die gesamte Prog-Rock-Routine ausspielt und von Diego Marchesis klarer, kraftvoller und wandlungsfähiger Stimme angetrieben wird. Schnell ist der erste Refrain gefunden, dahinter wartet komplexe Eingängigkeit, die sich auch bei älteren Muse gut gemacht hätte. Im folgenden „Glitch“ wird nach einem Sound, nach einer Ausdrucksform gesucht, die im konstanten Spannungsaufbau nach dem großen Moment der Erhabenheit sucht.
Stark sind die Italiener aber auch im etatmäßigen Langformat, das bei einer Truppe von ihrem Kaliber nicht fehlen darf. So täuscht der balladeske Auftakt zu „White Rabbit’s Hole“ und führt direkt zu einer Fülle kleinerer Häutungen, die inmitten dichter Atmosphäre für den Ausdruck unzähliger Ideen suchen, die wie ein Meteoritenschauer einprasseln und nahezu verglühen. Der Titelsong „Hopium“ überspringt sogar die Acht-Minuten-Marke, überrascht mit spacigen Effekten und massig Details, die mit der Zeit eine synthetisch untermalte Sogwirkung entfalten. Weiter, immer weiter wächst der Track bis zum überdimensionalen, dramatischen Höhepunkt nach gut sechseinhalb Minuten.
Mit der nötigen Portion Geduld lassen sich diese 53 Minuten locker meistern, wenngleich die Anfangshürde ob dem Spiel mit der eigenen Prog-Identität gewiss nicht zu verachten ist. „Hopium“ ist einmal mehr eher im Rock verhaftet, lässt aber auch metallische Riffs und Djent-artige Spielereien der Neo-Prog-Schule zu, die erneut zu einem packenden, hochgradig faszinierenden Spagat führen. Kingcrow schreiben Hymnen, die gelegentlich mit Fingerübungen kollidieren und dennoch im Ohr bleiben. Dieser wilde wie unterhaltsame Stilmix geht ein weiteres Mal auf und untermalt die Klasse hochspannender Veteranen, die sich definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hätten.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 23.08.2024
Erhältlich über: Season of Mist (Soulfood Music)
Website: www.kingcrow.it
Facebook: www.facebook.com/Kingcrowband
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