Civil Service – /// Light
Ein relativ neues Quartett aus Manchester sucht nach Möglichkeiten, Post Rock neu zu formen und zu interpretieren. Civil Service sind natürlich mit den instrumentalen Konventionen bestens vertraut, halten von diesen aber nur wenig. Experimente mit Klangwänden, die mit Prog und Shoegaze flirten, pointiert eingesetzte Vocal-Samples, Groove und Elektronik mutieren zu wertvollen Wegbegleitern einer immersiven musikalischen Erfahrung. Wenig überraschend stellt das erste Album „/// Light“ vor große, höchst lohnenswerte Herausforderungen.
Dass der Opener gleich mal fast eine Viertelstunde beansprucht und mit einem gesprochenen Part eine Abhandlung über die krassen, oft düsteren Gegensätze der modernen Gesellschaft einläutet, passt ins Bild. „She Would Never RETREAT; Their Negativity Just Made Her Stronger“ ist leichtfüßig und wuchtig zugleich, tastet sich vorsichtig voran und lässt am Höhepunkt – natürlich – die Gitarre singen. Wobei, was ist hier eigentlich wirklich der sprichwörtliche Höhepunkt? Die Briten geben darauf keine Antwort und hauen einfach mehrere raus, weil sie es können. Kleine Variationen und ein stetig wachsendes Arrangement wissen zu begeistern, bevor der massive Schlussakt Traditionelles mit der Post-Moderne verbindet.
Am anderen Ende des Albums wartet ein Zweiteiler: „She Felt The Yawning Skyline“ bricht letzte Grenzen komplett auf. Gerade der erste Abschnitt mit dem Untertitel „Intangible“ liebt sein elektronisches Flattern, setzt auf pulsierende nervöse Energie und lässt einmal mehr Gesprochenes zu, während sich der Post-Horizont öffnet. Im anschließenden „Meaningless“ groovt der Bass mit wachsender Begeisterung und spuckt seine eigene Melodie aus, bevor ein überraschend klassisches Finale das Licht ausmacht. „Their LINES OF COMMUNICATION, Severed“ mit Vocal-Samples von Freunden und Wegbegleitern, im Kampf mit moderner Kommunikation, Blackouts und gewaltiger Katharsis, will ebenso erwähnt werden.
Was Civil Service hier servieren, verlangt Geduld und offene Ohren. Die wiederholte, mit voller Absicht herbeigeführte Kollision von Post-Rock-Konvention und Konzeptkunst verlangt im besten Sinne alles ab und entlohnt fürstlich. „/// Light“ liebt die Finsternis mindestens so sehr, gibt sich philosophisch und baut bevorzugt Gaze-Wände auf, die im Zusammenspielt mit dezenter und doch dringlicher Elektronik pure Magie verbreiten, aber auch für Kopfschmerzen sorgen. Ellenlange Arrangements und hoher Anspruch leben und atmen nahezu konstanten Kollisionskurs. Einfach ist das nicht, wohl aber richtig gut: Civil Service legen ein schwieriges und doch wunderschönes erstes Album vor.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 04.10.2024
Erhältlich über: Ripcord Records
Website: www.civilserviceband.com
Facebook: www.facebook.com/CivilServiceBand
Letzte Kommentare