Dead Icarus – Zealot
Seit seinem Ausstieg bei Atreyu vor vier Jahren scheint Alex Varkatzas in eine Art kreativen Jungbrunnen gefallen zu sein. Als Dead Icarus widmet er sich wieder deutlich härteren Klängen, kehrt zurück zu Metalcore und metallischem Hardcore, schreckt aber ebenso wenig vor brutalen Slams und extremer, vertrackter Härte zurück. Gemeinsam mit Gabe Mangold und Brandon Zackey von Enterprise Earth entstand nach einer bereits unterhaltsamen EP nun ein komplettes Album, das keine Gefangenen nimmt. „Zealot“ ist Abrechnung, Standortbestimmung und abgedrehte Wutprobe zugleich.
Dass hier nun ein ganz anderer Wind weht, zeigt bereits der vorab veröffentlichte Opener „The Unconquerable“ mit brütender Härte und infernalen Chören. Was kurz an den eklektischen Wahnsinn von Cradle Of Filth erinnert, macht nach und nach Platz für frontale Attacken und einen bestens aufgelegten Varkatzas, der für Struktur im mit Deathcore flirtenden Chaos sorgt. „Bearing Burdens And Saving Skin“ packt direkt danach die Dampfwalze aus und macht erst einmal alles flach, was sich in den Weg stellt. Inmitten halsbrecherischer technischer Riffs, brutaler Breakdowns und dissonanten Gewaltorgien findet sich doch immer wieder diese kleine, feine Melodie, der man nicht entkommen kann.
Passend zum Releasedatum serviert das Trio ein wenig Horrorshow, und „Hell Opens Its Mouth“ bildet da keine Ausnahme. Gefühlt kommen hier mindestens drei unterschiedliche Ideen zusammen und harmonieren erstaunlich gut – zäh, ruppig und verstörend zu gleichen Teilen. Im Vergleich dazu kommt „1 Million Days“ durchaus poppig rüber, spielt mit typischen Metalcore-Ideen und schüttelt mal eben einen eingängigen, gesungenen Refrain aus dem Ärmel. Auch die abschließende Abrissbirne „Betrayal Shaped Daggers“ spielt mit hymnischen Elementen, dreht im richtigen Moment am Rad und lässt die Muskeln spielen. Eine der besten Hooks des gesamten Albums steuert erfolgreich und effektiv dagegen.
Chaos mit Methode, das umschreibt dieses erste komplette Album wohl am besten. Dead Icarus spielen natürlich mit dem Geist früher Atreyu-Werke, das liegt auf der Hand, haben aber auch den Wahnsinn der technisch durchgeknallten Enterprise Earth mit der Muttermilch aufgesogen. Urplötzliche Wendungen, gespenstische Effekte und ein Breakdown nach dem anderen verlangen viel Geduld. Erst nach drei, vier Durchläufen sortiert sich „Zealot“, lässt dafür nicht mehr los. Die Art und Weise, wie diese Platte mal eben alles zerlegt und dabei nicht nachlässt, bietet sehr hohen Unterhaltungswert. Auf eine gute EP folgt ein richtig gutes Album, unorthodox und sperrig, im richtigen Moment eingängig wie Sau. Bei Dead Icarus stimmt die Formkurve ohne Frage.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 31.10.2024
Erhältlich über: MNRK Records (SPV)
Website: deadicarus.net
Facebook: www.facebook.com/people/Dead-Icarus-Music/100090684643409
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