Iotunn – Kinship

| 22. Oktober 2024 | 0 Comments
Iotunn

(c) Nikolaj Bransholm

Einfach oder gar vorhersehbar, das gibt es bei Iotunn nicht. Große Konzeptkunst und anspruchsvolle Musik begleiten das Schaffen des dänisch-färöischen Quintetts um Hamferð-Stimme Jón Aldará. Während sich der Einstand „Access All Worlds“ interstellaren Gefilden widmete, geht es der Nachfolger deutlich bodenständiger an. „Kinship“ setzt auf mythologische Themen, erforscht die tiefen Wurzeln der Menschheit sowie die (mehr oder minder) direkten Verbindungen untereinander.

Natürlich wieder überlang, natürlich wieder überdimensioniert – einfach machen es Iotunn so und so nicht. Das massive, verspielte und zugleich wuchtige „Twilight“ bringt das auf den Punkt. Gutturale Growls und tödliche Abfahrten setzen auf maximale Zerstörung, während feinsinnige Melodien angedeutet werden. Aldarás fantastischer Klargesang sorgt hingegen für hymnische Formvollendung, schwingt sich zu höchsten Höhen auf und lässt das Geschehen anschwellen, richtig schön massiv klingen. Dass die Band im Hintergrund dem Geschwindigkeitsrausch verfällt, über sich hinauswächst und mit einem rasiermesserscharfen Solo abrundet, passt ins Bild.

Den längsten Song setzt es ausgerechnet gleich zu Beginn. „Kinship Elegiac“, der Quasi-Titelsong, nimmt gleich mal 14 Minuten in Anspruch und lässt keinen Raum für Beliebigkeit. Trotz ellenlangem Aufbau, ausladenden instrumentalen Passagen und verspieltem Gitarrensolo mit Prog-Flair ist hier kein Gramm Fett zu viel dran. Wenn nach gut elf Minuten ein wüster Shred-Part von feisten Double-Bass-Salven zerschossen wird, ist alles eitel. Am anderen Ende des Albums fällt „The Anguished Ethereal“ unwesentlich kürzer auf und lebt von großem Gesang. Das erneute Aufgreifen früherer Melodien und Spannungsbögen kommt gut, nimmt im besten Sinne Primordial und Borknagar mit, und muss derlei Vergleiche keinerlei scheuen.

Einmal mehr überwältigen Iotunn etwas sehr. Die vollen 68 Minuten hätte es vielleicht nicht gebraucht, doch ist das letztlich keine übermäßig große Sache. „Kinship“ hält die Spannung über weite Strecken, wirkt trotz ausladender Dimensionen konzentrierter und fokussierter, über- und abgedreht, aber zugleich geerdet. Dieser Widerspruch in sich passt natürlich zum anspruchsvollen Konzept, das zwischenmenschliche und musikalische Verbindungen über Umwege aufbaut, nur um beim Erreichen dieser doppelt und dreifach hell zu erstrahlen. Mit einem herrlich komplexen und zugleich richtig schön sympathischen zweiten Album nähern sich Iotunn dem erhofften, im besten Sinne erwartbaren großen Wurf.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 25.10.2024
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)

Facebook: www.facebook.com/iotunn

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Category: Magazin, Reviews

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