Touché Amoré – Spiral In A Straight Line

| 11. Oktober 2024 | 0 Comments
Touché Amoré

(c) Sean Stout

Weitermachen wie bisher, alles umwerfen oder wieder von vorne anfangen? Gefühlt wird jedes neue Album von Touché Amoré von zig Fragen begleitet, doch kann man sich die Antworten selten ausmalen. Doch was ist eigentlich ‚wie bisher‘, was ‚von vorne‘? Klar, die letzten Platten durften gerne mal etwas experimenteller ausfallen, spielten mit Indie, mit Glum und mit Post Punk, doch verließ man im Gegensatz zu allerlei Wegbegleitern nie so recht das vertraute No-Wave-Fahrwasser. So auch auf „Spiral In A Straight Line“, abermals mit Ross Robinson eingespielt – eine weitere musikalische und emotionale Tour durch Aufwärts- und Abwärtsspiralen, die im Bedarfsfall über den Tellerrand schielt.

Songs wie das vorab ausgekoppelte „Hal Ashby“ finden das gesunde Mittelmaß und setzen auf einen schleppenden, melodischen Chorus, der sich direkt einbrennt, den man schon bald mit wachsender Begeisterung mitträllern kann und will. Hier lassen Touché Amoré jene feinsinnigen Indie-Elemente auftauchen, die bereits auf dem letzten Album funktionierten, während die Strophen beherzt zupacken. Auch „Nobody’s“ hat ein Herz für verhaltene Eingängigkeit, kleidet das jedoch in bleierne Schwere und pures Chaos. Das Gegenstück heißt „Mezzanine“ und rattert in zwei fieberhaften, rohen Minuten durch. Das US-Quintett überschlägt sich förmlich und fängt sich doch im richtigen Moment.

Zwei Gäste lassen das andere Albumende angenehm, nun ja, anders erklingen. Da wäre einerseits Indie- und Alternative-Legende Lou Barlow (Dinosaur Jr., Sebadoh), der dem herzhaften und zugleich aufwühlenden „Subversion (Brand New Love)“ ein feines Krönchen aufsetzt, etatmäßig lakonisch dargeboten, bis zum finalen Höhepunkt. Julien Baker (Boygenius) sorgt in „Goodbye For Now“ für himmlische und zugleich eindringliche Noten, die sich direkt ins Unterbewusstsein bohren und sich dort erst einmal festsetzen. Dazwischen platzieren Touché Amoré das kathartische „The Glue“ mit Wave- und Post-Punk-Schlagseite, dessen Wirren sich auf Raten entfalten. Stark ist auch „Force Of Habit“, das sich vorsichtig anschleicht und kurz vorm Höhepunkt abreißen lässt.

Die schiere Größe dieses sechsten Studioalbums zeigt sich erst nach dem einen oder anderen Anlauf. Touché Amoré schaffen es tatsächlich, gleichzeitig zurück und nach vorne zu blicken. Es setzt stellenweise deutlich mehr Härte, doch wurde der filigrane Weg ebenso wenig verlassen. Kräftiger Alternative-Einschlag bekommt den Veteranen gut, macht „Spiral In A Straight Line“ über jeden Zweifel erhalten. Rang man auf dem Vorgänger noch um den richtigen, gesunden Mittelweg, konnte dieser binnen der nunmehr üblichen vier Jahre perfektioniert werden. Einmal mehr setzt es einen wahren Triumphzug für Touché Amoré, die sich nie in ihren herausragenden Experimenten verrennen und ebenso wenig auf ihre furiose Katharsis vergessen – ein neues kleines Meisterwerk ist das begeisternde Resultat.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 11.10.2024
Erhältlich über: Rise Records / BMG Rights Management (Universal Music)

Website: www.toucheamore.com
Facebook: www.facebook.com/ToucheAmore

Slider-Pic (c) Sean Stout

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Category: Magazin, Reviews

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