Hidden Mothers – Erosion / Avulsion

| 29. November 2024 | 0 Comments
Hidden Mothers

(c) Matthew Barsby

Mit Hidden Mothers macht ein Geheimtipp von der Insel endlich auf Albumlänge von sich reden. Nach diversen Kleinformaten sowie einer Reihe an Festival-Aufritten und Headliner-Gigs verschwand das Quartett aus Sheffield erst einmal ein wenig, um am eigenen Sound zu schrauben. Das tat dem Mix aus Post-Hardcore, Screamo und progressiveren Klängen richtig gut. Bei Church Road landet nun das überaus vielschichtige, unberechenbare und wiederholt überraschende Debütalbum „Erosion / Avulsion“.

Dass sich bei den Briten in der jüngeren Vergangenheit einiges getan hat, illustriert ein Song wie „Death Curl“ nahezu perfekt. Von der ersten Sekunde an tobt sich Luke Scrivens stimmlich aus, vermischt seine giftigen, heiseren Screams mit butterweichem Klargesang voller Charakter und Intensität. Auf instrumentaler Ebene kann der Track mithalten und entwickelt sich zu einer Art Malstrom, der gefühlt nach allen Richtungen gleichzeitig ausschlägt – roh und ruppig auf der einen, melodisch und aufwühlend auf der anderen Seite. Nahezu schwarzmetallische Husarenritte und Sludge-Ansätze kollidieren mit hymnischen Rock-Momenten, speziell nach einer kolossalen Zäsur.

Zwar erreichen Hidden Mothers dieses Level nicht konstant, können mit ihrem angenehm eigenwilligen, eigenständigen Sound dennoch wieder und wieder beeindrucken. Da wäre beispielsweise „The Grey“, das sich in ellenlangen instrumentalen Schleifen verliert, nur um aus dem gefühlten Nichts komplett zu eskalieren. Ein schroffes, entrücktes Bollwerk schlägt immer wieder beherzt zu. Hingegen sammelt „Haze“ gefühlt sämtliche Melodien dieses Albums, bringt stimmliche Vergleiche mit Jeff Buckley auf den Punkt und packt all das in eine wechselhafte, chaotische, herrlich unorthodoxe Hymne. Sollte das zu brav sein, dann bietet „Defanged“ die perfekte Antithese – schroff, übertrieben und doch so harmoniebedürftig.

„Erosion / Avulsion“ überfordert erst einmal, darauf sollte man sich unbedingt einstellen. Die Art und Weise, wie diese Dampflok von einem Album wiederholt entgleist und doch wieder zurück in die Spur (bzw. auf Schiene) findet, bringt selbst Hartgesottene an ihre Screamo-Grenzen. Obendrein wird der Post-Hardcore-Sound bewusst proggig, komplex und unorthodox inszeniert, nimmt tiefschwarze metallische Extreme ebenso mit wie Indie- und Alternative-Klänge. Das nahezu konstante, unnachgiebige Wechselbad betont widersprüchlicher Emotionen schlägt dem Fass den morschen Boden aus. Was für ein abgefuckter, mitreißender Aufgalopp.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 29.11.2024
Erhältlich über: Church Road Records

Facebook: www.facebook.com/hiddenmothersukbm

Slider-Pic (c) Matthew Barsby

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Category: Magazin, Reviews

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