Hellgo – Etiquette
Vor vier Jahren entstiegen Hellgo der Asche von Crtvtr und Naat, anfangs noch als rein instrumental veranlagtes Trio. Schnell zeigte sich, dass der eigene Sound nach mehr verlangt – eine zweite Gitarre und Vocals kamen hinzu. Das italienische Quintett bewegt sich inzwischen im weiten Post-Hardcore-Umfeld, stellt sich bewusst breit auf und lässt viele, durchaus widersprüchliche Ideen einfließen. Fast eineinhalb Jahre nach den Aufnahmen erscheint nun ihr erstes Album „Etiquette“.
Tracks wie „Wait!“ bringen die bekömmliche Unvorhersehbarkeit dieses Unterfangens … halbwegs auf den Punkt, sofern man das bei einer Spielzeit von sechseinhalb Minuten überhaupt so sagen kann. Dass anfänglich eine proggig angehauchte Gitarre durchs Nirgendwo tänzelt, passt ins Bild. Wütende Screams, konstanter Spannungsaufbau, mathematische Nebenschauplätze und ein stetes Wechselspiel aus Hektik und Post-Harmonie führen durch gefühlt unzählige Wendungen. Der gewaltige Schlussakt setzt auf Wucht, bläst das Geschehen auf ein absolutes Maximum auf und verhallt schließlich unscheinbar.
Während man sich noch fragt, was hier gerade passiert ist, stürzen sich Hellgo bereits ins nächste Abenteuer. „Plastic Ego“ mag es roh und aufbrausend, langt wiederholt zu, verzichtet aber keinesfalls auf kleine Hooks. Feine melodische Widerhäkchen verleihen dem Arrangement die nötige Würze, während das Chaos am Stand eskaliert und sich vorsichtig in Richtung Siedepunkt arbeitet. Gewissermaßen ist „Worn Out“ die ideale Überschrift für diese Platte, explodiert gar manisch aus den Boxen und scheint sich selbst zu überrumpeln. Konsequente Hektik und ungefilterte Wut finden schnell zusammen, ein Hauch Nachdenklichkeit unterbricht furiose Screamo-Attacken.
Dieses erste Album der Italiener ist intensiv, um es höflich auszudrücken. In mehreren Wellen überrollt „Etiquette“ förmlich, hält inne, holt erneut aus und bricht den letzten Widerstand. Für Hellgo ist Post-Hardcore bestenfalls ein Behelfsbegriff, der möglichst flexibel ausgelegt wird, mit jedem erdenklichen Gusto. Ordentlich Math Rock, schräger Prog, mächtig Screamo und zig weitere Einflüsse statten diese angenehm verrückte, herausfordernde und irgendwie sympathische, heimelig anmutende Platte aus. Hellgo können auf ihrem Einstand auf ganzer Linie überzeugen und machen Bock auf viel, viel mehr.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 13.12.2024
Erhältlich über: Octopus Rising / Argonauta Records
Facebook: www.facebook.com/hellgoband
Letzte Kommentare