Grief Ritual – Collapse
Der tiefschwarze, brachiale und verzweifelte Hardcore von Grief Ritual stieß beim Release der ersten EP 2022 auf höchst positive Resonanz, nicht zuletzt einer besonderen Zeit geschuldet. Die chaotische Wut des britischen Quartetts spielt mit Frust und Entrechtung, setzt sich kritisch mit Populismus, Kapitalismus, Autoritarismus und der Auslöschung jeglicher Zivilisation auseinander. All das bietet ordentlich Zündstoff für das bewusst kaputte, abgefuckte erste Album „Collapse“, das seinem Namen von der ersten Sekunde an alle Ehre macht.
Bereits ab der ersten Sekunde wird der kapitale Absturz des Seins eingeleitet, passend „Spiral“ betitelt. In dieser Abwärtsschleife, von einer ominösen instrumentalen ersten Minute gespenstisch eingeleitet, spielen sich Grief Ritual mit Nachdruck frei. Aus bleierner Schwere entspringt auditives Dauerfeuer, roh und ungeschliffen. Im direkten Anschluss zieht „Recursion“ das Tempo kräftig an, erinnert angenehm an den noisigen Wahnsinn von Seeker und kombiniert diesen mit klassischeren Hardcore-Tönen. Über allem thronen omnipräsente Blackened-Einflüsse, vokale Akrobatik und rasende, kanalisierte Wut.
Während man sich noch über diesen bissigen Ritt auf der eierlegenden Wollmilchsau wundert, taucht „Artifice“ in eine Art Breakdown-Mikrokosmos aus, entlädt sich in aller Gemächlichkeit und raubt den Atem. Die komplette Eskalation des abschließenden „Marrow“ kollidiert mit fauligen Klängen, die sich in mehreren doomigen Zäsuren äußern. Unheilvolles Innehalten leitet grantige Attacken ein. Auch „Consumed“ kennt dieses dynamische Spiel und erklärt die Entschleunigung zur Kunstform. Klare Spoken-Word-Abschnitte im Schlussteil überlagern das Geschehen. Dass sich davor mit „Bile“ ein kurzer, wiederholt eskalierender und komplett überspitzter Track von unter zwei Minuten ausbreitet, passt irgendwie ins Bild.
40 Minuten lang operieren Grief Ritual an der imaginären Grenze des Machbaren und überfordern damit komplett. Selbst für metallisch geschwärzte Hardcore-Verhältnisse ist „Collapse“ im besten Sinne anstrengend und herausfordernd, angriffslustig und aufwühlend zu gleichen Teilen. Die Briten feuern aus allen Rohren, musikalisch wie textlich, nehmen kein Blatt vor den Mund und landen mit ihrer Kritik am Status Quo einen Treffer nach dem anderen. In nicht nur emotional verwüstende Arrangements gekleidet, bestätigt das erste Album die Vorschusslorbeeren mehr als eindrucksvoll.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 31.01.2025
Erhältlich über: Church Road Records
Website: griefritual.co.uk
Facebook: www.facebook.com/griefritual
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