Hanry – Disruption
Diverse Festival-Auftritte und Radio-Sessions sowie eine zurecht umjubelte erste EP rückten Hanry binnen kürzester Zeit ins Post-Rock-Rampenlicht. Das Sextett aus der französischen Stadt Rennes verzichtet, wie es in diesem Genre gerne mal üblich ist, komplett auf Vocals, hat dafür ein Herz für Elektronik und Ambient. Synthetische Einflüsse beflügelten bereits „Disruption“, mit dem man letztlich ins Visier von Pelagic Records geriet. Dort erscheint mit „Disruption“ nun ein weiteres Kleinformat, ein sympathischer Appetithappen für weitere Großtaten.
Die mächtigen, imposanten Songgebilde brauchen gerne mal eine ganze Weile, um auf Touren zu kommen. Gerade darin liegt aber der Reiz – nicht allein, weil der Weg als Ziel zur Spannung beiträgt, sondern weil diese Aufbauten überaus wertig ausfallen. Das zeigt sich beispielsweise im eröffnenden „Radiance“, das Geduld verlangt, mit fragilen Melodien lockt und urplötzlich gar gewaltig abhebt. Ein ähnlich großes Finale kennt „Ether“, wenngleich deutlich elektronischer und synthetischer aufgezogen. Eng verwobene Soundscapes und Keys bereiten auf einen großen, alles umarmenden Moment vor, dessen Instrumentierung auf angenehme Weise mit Post-Rock-Erwartungen bricht – ein echter Leckerbissen.
Als kurzes, knapp dreiminütiges Zwischenspiel baut „Zenith (Tape#2)“ die imaginäre Brücke zur letzten EP und zugleich zum großen Finale dieses Releases. Während besagter Einschub nahezu konstant am Limit operiert, muss „Intermission“ erst kommen, sich entfalten. Und doch ist es der vielleicht konventionellste dieser vier Songs, mit dem sich Hanry mehr denn je typischem Post Rock annähern. Mehrere kleine Crescendos, ein gekonntes Spiel mit Laut-Leise-Dynamik sowie die inzwischen absolut vertrauten, natürlich anmutenden elektronischen Einschübe lassen den Giganten von einem Höhepunkt zum nächsten schreiten.
Tatsächlich bestätigen Hanry ihre starke Frühform mehr als nur souverän. Diese 20 Minuten mögen viel zu kurz sein, fallen jedoch angenehm eigenwillig, unterhaltsam und doch mitreißend aus. Zwar mag die Mischung aus Post Rock und Synthetik inzwischen nicht mehr neu sein, doch setzen nur wenige diese so gut, so organisch und clever um wie die sechs Franzosen. „Disruption“ lebt von fantastischem Songwriting, engmaschigen Spannungsbögen und mächtigen Überraschungsmomenten, die jedes Mal wieder sämtliche Sinne verzücken. Ein komplettes Album in dieser Form könnte großartig werden.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 10.01.2025
Erhältlich über: Pelagic Records
Facebook: www.facebook.com/hanry.music
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