Deafheaven – Lonely People With Power

(c) Nedda Afsari
Zumindest im Detail weiß man bei Deafheaven nie so 100%ig, was man bekommt. „Infinite Granite“ setzte im Sommer 2021 den Weg in Richtung Shoegaze und Alternative fort, ohne sich komplett von Black Metal zu distanzieren. Ob das nun geschieht? Ganz und gar nicht, denn das US-Quintett schraubt den Härtegrad wieder deutlich weiter nach oben, ohne jedoch die Feinheiten und den Post Rock der letzten Releases zu ignorieren. „Lonely People With Power“ schafft es tatsächlich, sämtliche Stärken der letzten Platten zu bündeln und dabei komplett frisch zu klingen.
Nach dem ersten Abschnitt der dreiteiligen „Incidental“-Suite – ominöse Interludes mit gelegentlichen Explosionen sowie Beiträgen von Paul Banks (Interpol) und Jae Matthews (Boy Harsher) – legt „Doberman“ mit dem erhofften Nachdruck los. Deafheaven überdrehen ihren Black Metal mit wachsender Begeisterung, ohne sich jedoch von melodisch-epischen Feinheiten zu distanzieren. Das zeigt sich im obligatorischen Post-Unterbau drumherum, aber auch in der kurzen, sehr feinen Zäsur, bevor man wieder durch die Decke geht. „Magnolia“ komprimiert das im Anschluss auf vier Minuten, wirkt angriffslustig und rumpelt wie in besten Zeiten. Derlei Härte gab es zuletzt vergleichsweise selten.
Ihr Faible für feinsinnige Melodien und emotionale Kontraste hat sich die US-Formation freilich beibehalten, siehe und höre das erst stürmische, dann feinfühlige „Body Behavior“. Großes Drama und eine fantastische Hook stellen etatmäßigen Black Metal auf den Kopf. „Amethyst“ treibt das auf die Spitze und hätte durchaus prima auf dem Vorgänger funktioniert. Der elegische Ansatz, der den Track kommen lässt und rasende Wut inmitten butterweicher Klangwelten platziert, weiß zu unterhalten. Doch auch die prächtigen, frühlingshaften Melodien von „The Marvelous Orange Tree“, zwischenzeitlicher Klargesang inklusive, gehen direkt unter die Haut.
Einfach mal alle Fäden zusammenlaufen lassen und neue Ufer ansteuern, jedoch mit vertrauten Mitteln: Deafheaven gehen ein paar Schritte zurück, um nach vorne zu kommen. Man hatte wieder hörbar Bock auf mehr Wut und Intensität, und kultiviert das mit wachsender, mit ausdauernder Begeisterung. „Lonely People With Power“ setzt bewusst auf mehr Härte, ohne jedoch alles zu vergessen, was die Vorgänger so anmutig machte. Imposante Atmosphäre, unvorhersehbares Songwriting und latenter Wahnsinn mit einem Hang zu purer Explosivität: Deafheaven justieren erfolgreich nach, überrollen mit wachsender Begeisterung und präsentieren sich emotional aufgeladen, in jeder Hinsicht. Was für ein Happening.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 28.03.2025
Erhältlich über: Roadrunner Records (Warner Music)
Website: www.deafheavenuk.com
Facebook: www.facebook.com/deafheaven
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