Allegaeon – The Ossuary Lens

(c) Stephanie Cabral
Ein alter Bekannter feiert bei Allegaeon ein spannendes Album-Comeback: Nach dem Ausstieg von Frontmann Riley McShane im Sommer 2022 holten die Prog-Death-Meister nur wenige Wochen später Ezra Haynes zurück, der zuletzt vor über zehn Jahren auf „Elements Of The Infinite“ zu hören war. Am kreativen Kurs soll sich allerdings recht wenig ändern, denn weiterhin setzt es melodischen, technisch versierten und zugleich proggressiven Death Metal, eng mit wissenschaftsbasierten Texten verzahnt. „The Ossuary Lens“ geht somit den mittlerweile vertrauten Weg unter leicht veränderten Vorzeichen weiter.
Allegaeon verzichten dieses Mal auf Konzeptkunst, doch drehen sich alle Tracks um unterschiedliche Ansichten zum Thema ‚Tod‘. Während das akustische Intro „Refraction“ mit seinen kleinen „Battery“-Quervrweisen auf die falsche Fährte führt, schöpft „Chaos Theory“ direkt danach aus dem Vollen und langt beherzt zu. Haynes klingt, wie schon auf den zuvor veröffentlichten beiden Comeback-Singles, die hier fehlen, in Bestform, durchaus gutturaler und brachialer, was dem frontalen Ansatz gut zu Gesichte steht. Und doch sieht es die in die Länge gezogenen melodischen Parts, bewusst schrill und unbequem, die im Gedächtnis bleiben, die mit wachsender Begeisterung zulangen und selbst in x Zäsuren und Wendungen große Klasse bieten.
Eine kleine Überraschung bietet „Dark Matter Dynamics“ mit Gitarren-Tausendsassa Adrian Bellue, der vor allem im akustischen Intro seine Fingerfertigkeit beweist und den Prog-Extremen tatsächlich noch mehr Gewicht verleihen kann. Erstaunlicher Groove, abgedrehte Soli und die wiederholte Rückkehr zum akustischen Leitmotiv unterstreichen die weiterhin prominente kreative Klasse des US-Quintetts. Der klare Gesang, wie in „Driftwood“, wird insgesamt sparsamer eingesetzt, kommt hier jedoch verdammt gut. Allegaeon kondensieren ihren technischen Wahnsinn auf das Wesentliche. Im experimentellen „Wake Circling Above“, das bewusst mit Düsternis und großen Emotionen spielt, wird es symphonisch, ausufernd, aber auch ein bisschen kitschig – eine etwas andere, ebenso hochgradig spannende Facette.
Obwohl Allegaeon nicht ganz mit der zuletzt geradezu beängstigenden Serie exzellenter Platten mithalten können, darf das Studio-Comeback von Ezra Haynes mit Sicherheit als gelungen bezeichnet werden. Das Quintett aus Colorado erfindet das Prog-Tech-Death-Rad keinesfalls neu, lässt zwischendurch die eine oder andere frische Idee zu, konsolidiert sich dafür auf hohem Niveau. Gerade im symphonischen und akustischen Bereich serviert „The Ossuary Lens“ willkommenen frischen Wind, bringt alle vertrauten Stärken unter, kehrt keinesfalls von den zuletzt etwas hymnischeren Auswüchsen ab, gibt sich dennoch insgesamt etwas härter. Klasse einmal mehr höchst souverän gehalten.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 04.04.2025
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/Allegaeon
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