Placebo – Loud Like Love
Als es im April 2012 an die Aufnahmen zum mittlerweile siebten Placebo-Studioalbum ging, geriet Brian Molko schnell unter Zeitdruck. Skizzen für den Nachfolger zu „Battle For The Sun“ gab es nur wenige, nach Veröffentlichung des Appetithappens „B3EP“ sollte es gleich wieder auf Europatour gehen. So griff er auf eigenes Solomaterial zurück, das sich nun teils in neuen Versionen auf der neuen Platte wiederfindet. Kaum war der erste Teil des Albums – noch vor besagter Tour – im Demo-Stadium vorhanden, konnte das Trio frei aufspielen. „Loud Like Love“ klingt tatsächlich nach dem von Stefan Olsdal beschriebenen Befreiungsschlag.
Es sollte ein riskantes Album werden mit zwei sich ergänzenden Hälften, die den Übergang von erster Liebe und Hochgefühlen hin zu Gemütschwere und Dunkelheit beschreiben. Entsprechend optimistisch eröffnen Placebo mit dem pumpenden Titelsong – einer gut gelaunten, energischen Hymne, die dem Positivismus von „Battle Of The Sun“ entspricht. In dieses erste Stadium der Romantik fällt unter anderem das elektronsich befeuerte, etwas nachdenkliche „Scene Of The Crime“ und die Single „Too Many Friends“, ein vielschichtiger Grower, dessen anfängliche Oberflächlichkeit nach mehreren Durchläufen von positivem Biss verdrängt wird. Im schrillen Proto-Punk-Feuerwerk „Rob The Bank“ tauchen erste Hassbriefe auf. Einer der härtesten und gleichzeitig interessantesten Placebo-Tracks der jüngeren Vergangenheit bereitet auf einen Höllenritt vor.
Die zweite Albumhälfte fällt deutlich introvertierter, förmlich schmerzverzerrt aus. Einzig das reinigende „Purify“ tritt das Gaspedal ein wenig durch und rückt die Gitaren für wenige Momente in den Vordergrund, geht als potentielle weitere Auskopplung durch. Der Fokus auf Moll-Töne funktioniert jedoch und erinnert ein klein wenig an das schwere „Meds“-Album. „A Million Little Pieces“ geht mit seiner Piano-Melodie und den wabernden, schwerfälligen Keys als eine Art Abschiedsbrief direkt unter die Haut. „Understand, understand, understand“, wiederholt Molko wie in Trance, versucht sich selbst das Ende einzureden. In „Bosco“ zerbricht jegliche Resthoffnung schließlich an Alkohol und Drogen im beinahe balladesken Umfeld mit Streicher-Einsatz und Weltschmerz – ein bewegender, erschüttender Blick in das Nichts.
Nachdem der Neuanfang mit „Battle For The Sun“ so gut gelückt war, konnte sich Molko mit dem nunmehr stabilisierten neuen Placebo-Lineup voll und ganz auf eine Reise durch zwei Dekaden Leid machen. Angetrieben von einem abermals furios agierenden Steve Forrest, stürzt sich „Loud Like Love“ in eine zerstörerische Beziehung, die die ganze musikalische Bandbreite des britischen Trios auslotet. Zwischen tiefer Trauer und ungewohnt punkiger Härte liefern Placebo eine weitere, verdammt starke Platte ab, die sich – wie schon die Vorab-Single – erst nach mehreren Durchläufen entfaltet und schließlich hängen bleibt.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 13.09.2013
Erhätlich über: Vertigo Berlin (Universal Music)
Website: www.placeboworld.co.uk
Facebook: www.facebook.com/officialplacebo
In Zusammenarbeit mit beatblogger.de
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