Amplifier – Mystoria
Amplifier befinden sich aktuell in einer der fruchtbarsten Phasen ihrer langen Karriere. Seit der Veröffentlichung des Doppelalbums „The Octopus“ 2011 bahnen sich die Briten schrittweise ihren Weg in den Prog-Olymp, der erst im vergangenen Jahr durch „Echo Street“ einen neuen Höhepunkt fand. Die Ideen zum neuen, fünften Studioalbum sind teils vier Jahre alt – eine Platte, die deutlich direkter und rockiger ausfällt als seine Vorgänger, stellenweise gar an das eponyme Debüt anknüpft. Kurzum: So energisch wie auf „Mystoria“ hat man Amplifier lange nicht gehört.
Verbiegen wollen sich die Briten allerdings nicht, das hört man an allen Ecken und Enden, speziell in der zweiten Albumhälfte. Betont ausladende Songs, vor allem das brillante Doppel „Open Up“ und „OMG“, hätten mit Abstrichen auch auf „Echo Street“ funktioniert. Nicht zum ersten und keineswegs zum letzten Mal erinnert das Quartett an Porcupine Tree mit der Mischung aus zartem Understatement, bratenden Gitarren und Sel Balamirs weichem, freundlichen Gesang. Gerade der kauzige Space Rock von „OMG“ mit kargem Black Sabbath-Riffing, das sich innerhalb von Sekunden zu arabeskem Bombast wandelt, bleibt hängen.
Dabei musste man bereits befürchten, Amplifier hätten ihr ganzes Pulver zu Beginn verschossen mit einem Trio infernale. „Magic Carpet“ ist ein überdrehtes und doch angenehm schwerfälliges Instrumental, getragen von wütend verzerrten Gitarren und dem besten der britischen Prog-Landschaft – natürlich mit dem unvermeidlichen Querverweis auf Oceansize dank Gitarrist Steve Durose. Die beiden geradlinigen Rocker „Black Rainbow“ und „Named After Rocky“ – kleinere Schlenker und Schnörkel zwischendrin – bauen auf ein dichtes, wuchtiges Konstrukt aus bratenden Gitarren, Mini-Soli und feinstem Riffing; ein Konzept, das der nachdenkliche, deutlich verträumtere Rausschmeißer „Crystal Anthem“ erneut aufgreift.
Den potentiellen Halb-Klassikerstatus verhindert die schwache Album-Mitte. Mit „Cat’s Cradle“ und „Bride“ versuchen sich Amplifier an vergleichsweise poppigen Radio-Rockern mit dezentem Foo Fighters-Appeal, tappen jedoch in die Kitsch-und-Käse-Falle, scheitern letztendlich. Es ist letztlich ein nicht zu verachtender Wehrmutstropfen, der in Richtung Skip-Taste drängt. Rundherum zeigen sich die Briten mit diesem angenehm direkten, bissigen „Mystoria“ von ihrer anderen Schokoladenseite, erinnern ein wenig an ihre Anfänge und liefern einen sympathischen Gegenpol zu ihren wesentlich anspruchsvolleren letzten Werken. Auch von diesen Amplifier möchte man künftig gerne mehr hören.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 05.09.2014
Erhätlich über: Superball Music (Universal Music)
Website: www.amplifierband.com
Facebook: www.facebook.com/amplifierband
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