At The Hollow – What I Hold Most Dear
Genregrenzen sind dazu da, um durchbrochen zu werden. Was aber, wenn sich eine Band bereits im Vorhinein jeglicher konventioneller Kategorisierung entzieht? Wo – ja, wo will man sich anhalten? Das finnische Trio At The Hollow lässt sich von Grunge, Heavy Metal, klassischer Orchestermusik und experimenteller Elektronik inspirieren, arbeitet dabei überwiegend akustisch und setzt auf ungewöhnliche Instrumentierung. Wo Kollegen auf Bass und Schlagzeug setzen, arbeiten die Finnen mit Percussion sowie einem mit Bogen gespielten Kontrabass. Entsprechend eklektisch und schwer greifbar gestaltet sich das paradoxe „What I Hold Most Dear“.
Musik, die bewegt, die das emotionale Zentrum anspricht, die mit Erwartungen spielt, die nichts von Nummer Sicher hält – all das und viel mehr spielt sich auf 45 spektakulären Marmite-Minuten ab; Minuten, die man entweder liebt oder hasst. Diese Eigentümlichkeit beginnt bereits beim sanften, beinahe säuselnden Gesang Kalle Koos – hell, klar, pur, rein, der finnischen Melancholie zumindest in den ruhigen Momenten fremd. Das eröffnende „Was It Worth It“ zeigt schnell, dass hier nichts mit Idylle und bitterer Süße ist. Gerade in den ‚lauteren‘, mit voller Instrumentierung ausgestatteten Abschnitten wird Koo lauter, verzweifelt, schlägt wild um sich und landet dabei seltene pointierte Treffer.
Es ist kaum möglich diese Platte mit einem Durchlauf zu erfassen, gerade ob seiner speziellen Präsentation und dem Detailreichtum. Und dann ist da noch die musikalische Bandbreite. At The Hollow spannen den Bogen von düsterer Romantik mit Gothic-Note („Dead Memories“) über semi-orchestralen Post-Prog-Rock („Watch & Learn“) zu großen melodischen, kathartischen Momenten („Let’s Eat Them“) und seltener, rockig-metallischer Härte („Otherside“). Selbst Freunde nüchternen Tool-Understatements finden in „Echoes“ einen unwirschen Unterschlupf.
Wie kaum eine zweite Band verstehen sich At The Hollow auf Genre-Bending, Understatement und wahnwitzige Durchgeknalltheit. Den Finnen sagt man – gerade musikalisch – eine nicht zu verachtende Eigenheit nach. Vielleicht, ja, vielleicht kommt dieses Trio am ehesten der klassischen Magie von Apocalyptica nahe (Acts wie 2Cellos hin oder her), da sie es auf kaum nachahmbare Art und Weise verstehen Welten kollidieren, aufeinander prallen zu lassen. „What I Hold Most Dear“ ist eine aufwühlende, bereichernde Tour de Force, für die ein ordentliches Maß an Geduld mitgebracht werden will; Geduld, die sich in jeder Sekunde, jeder Wiederholung lohnt; Geduld, die sich dieses unerwartete Meisterwerk verdient hat.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 13.02.2015
Erhätlich über: Spinefarm Records (Universal Music)
Website: www.atthehollow.com
Facebook: www.facebook.com/atthehollowofficial
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