22 – You Are Creating

| 23. November 2018 | 0 Comments
22

(c) Long Branch Records

Ist Musik ein kooperativer Prozess? 22 versuchen die Rolle des Hörers neu zu definieren und weisen ihm eine entscheidende Rolle zu. Entsprechend liegt nicht nur Schönheit im Auge des Betrachters, der Rezipient wird zum Co-Autor, bestimmt Qualität und Eigenschaften auf einer neuen Meta-Ebene. Klingt abgehoben? Das Konzept-Doppel-Album „You Are Creating“ birgt mit einer Mischung aus Neo-Prog und Art Rock auch musikalisch vor echte Herausforderungen.

Aufmerksamen Lesern mögen diese Worte nicht gänzlich unbekannt vorkommen: Die erste Hälfte dieser Platte erschien bereits im Frühjahr 2017 unter dem Titel „You Are Creating: Limb 1“. Sie macht nun auch die erste CD dieses wilden Doppelschlags aus. An dessen wirrer Stärke hat sich natürlich rein gar nichts verändert: Verspielte Hymnen wie „Sum Of Parts“ treffen auf Prog-Purismus in Form von „You Are Creating“. Wer es hingegen sperrig und leicht kaputt mag, lässt sich die Math- und Mars-Volta-Riffs von „Adam Kadmon Body Mass Index“ durch die Frisur blasen.

Kann der zweite Teil damit mithalten? Und wie: 22 gehen deutlich fokussierter ans Werk und widmen sich der jüngeren Prog-Schule. Das verspielte, mit Polyrhythmik versehene „Chroma Key“ schielt immer wieder in Richtung Pop – die Norweger zeigen sich ebenso eine Spur eingängiger als im ersten Teil. Auch in „Call Me Trimtab“ bleibt diese packende, mitreißende Melodieführung erhalten, wenngleich eine Spur kantiger. Dicke Harmonien und eine angenehm wilde, richtig schön bissige Rhythmusabteilung entführen einen ohnehin bereits starken Track gen Explosion. Wer es hingegen eine Spur komplexer mag, lässt „Autumn Stream“ kleinere Explosionen andeuten, ohne tatsächlich durchzudrehen, oder sich von „V“ zeigen, wohin die Reise von Muse hätte hingegen können.

Klar, ab und an driften 22 in deutlich selbstverliebte Gefilde ab und treiben es mit ihren kooperativen Ansätzen zu weit. Dass „You Are Creating“ dennoch eine bärenstarke Platte ist, liegt am herausragenden Songwriting der Norweger. Ihr herrlich übertriebener und doch angenehm melodischer Prog Rock mit Art-Charme liefert mächtige Melodien, gelegentliche schroffe Exkurse und mehrere Verneigungen vor den Größen des Genres. Ob man sich nun als Co-Autor sehen will oder nicht, das überaus vielschichtige Songwriting alleine macht dieses Mammutwerk zum Pflichtkauf für Neo-Prog-Fans.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 23.11.2018
Erhältlich über: Long Branch Records (SPV)

Website: www.22.no
Facebook: www.facebook.com/22newenergymusic

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Category: Magazin, Reviews

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