Lord Dying – Mysterium Tremendum
Es sollte ein Album über das Leben werden, doch letztlich gewann der Tod: Was nach einem vertrauten Metal-Thema klingt, erhält bei Lord Dying einen etwas anderen Anstrich. Die Band aus Portland, Oregon widmet sich dem durchaus gespaltenen Verhältnis der Menschheit zur eigenen Sterblichkeit, wagt gesellschaftliche und kulturelle Beobachtungen. Unter all dem offenbart „Mysterium Tremendum“ den vertrauten Stoner-Sludge-Anstrich, nun allerdings um proggigen Rock erweitert.
Vom wilden Dampfhammer eines „Summon The Faithless“ ist diese Platte weit entfernt: Songs wie „The End Of Experience“ sprechen eine ganz andere Sprache und spielen mit großen Gesten und ausgesuchter Leisetreterei. Semi-akustische Passagen treffen auf hochtrabenden Progressive Rock und ausgedehnte Sinnsuche, die mit „Exploring Inward (An Unwelcome Passenger)“ übrigens in einen Hauch von Sludgegaze führt. Mindestens so kurios erweist sich das zögerlich anlaufende, dann wild aufdrehende „Freed From The Pressures Of Time“. Lord Dying suchen nach Erlösung und Erkenntnis und finden verschwitzte Gitarren.
Der Auftakt stellt hingegen die Verbindung zu „Poisoned Altars“ her und packt die gewohnte Mischung aus Sludge und Stoner mit metallischen Untertönen aus. Im Mittelteil machen sich urplötzlich filigrane, nachdenkliche Momente breit – das sukzessive Verschieben in neue musikalische Sphären beginnt und erreicht in „Severed Forever“ einen Höhepunkt. Der erste von zwei Siebenminütern gibt sich zunächst sperrig und unnahbar, führt letztlich aber sämtliche klangliche Welten auf knisternde Weise zusammen. Hier sind mehrere Durchläufe von Nöten, wie auch beim nicht minder abgedrehten zweiten Giganten „Split From A World Within Devoid Of Dreams, Death, The Final Loneliness“.
Ein Hauch von Mastodon weht durch die Luft, wenn Lord Dying neue Wege beschreiten. An die Grandezza und das ausdifferenzierte Songwriting ihrer Landsleute kommt der Vierer aus Portland, Oregon allerdings noch nicht heran. „Mysterium Tremendum“ wirkt eher wie ein ambitioniertes Übergangsalbum, das sich langsam aber sicher von der druckvollen Präsentation der bisherigen Platten verabschiedet und in neue, anspruchsvollere Gefilde schielt. So braucht es einige Durchläufe, gerade um die komplexen Momente gen Album-Mitte zu erfassen, und doch geht die Rechnung mit Abstrichen auf: Lord Dying sind qualitativ noch nicht 100%ig dort, wo sie sein wollen (und auch sollen), auf dem Weg dorthin ergeben sich trotzdem massig gute bis spektakuläre Momente für ein kurzweiliges Album mit Luft nach oben.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 26.04.2019
Erhältlich über: eOne Music (SPV)
Facebook: www.facebook.com/LordDying
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