Elephant Tree – Habits
Trübsinn kann ordentlich grooven – genau das beweisen Elephant Tree immer wieder aufs Neue. Das Londoner Quartett landete vor vier Jahren mit einer selbstbetitelten Stoner-Doom-Wundertüte, deren eigenwillige Attitüde auch Deftones-Fans unterhalten haben sollte. Nach ausgiebigen Tour-Aktivitäten, die im vergangenen Jahr mehrmals nach Österreich führten, steht nun „Habits“ in den Startlöchern. Hier wählen die Briten die Introspektive und erkunden, welche Erfahrungen und Verhaltensmuster einen Menschen ausmachen.
Bereits das nach einem kurzen Intro einsetzende „Sails“ verwirrt im besten Sinne. Die unwahrscheinlich bleierne Kombination aus Gitarre und Bass, die tiefe Tonalität, die monolithischen Drums und der lässige, mit Shoegaze flirtende Gesang – wie zur Hölle soll das zusammenpassen? Tatsächlich funktioniert diese anderweltliche Erfahrung prima, weil der mächtige Groove und die zahlreichen Klangspuren geschickt in harmonische Gefilde gelenkt werden. Selbiges gilt für „Wasted“, dessen XXL-Format Platz für ausladende Soli und psychedelisch angehauchte Jams zulässt. Im Zeitlupentempo entlädt sich der Song und lässt gar Grandioses von sich hören.
Zwischen mächtigen Monolithen und feinsinniger Detailarbeit ergeben sich durchaus spannende Exkurse. Im besten Fall finden beide Welten zusammen, so zum Beispiel im abschließenden „Broken Nails“ geschehen. Während die doomige Stimmung an Kylesa mit mehr Weichzeichner erinnert, bemühen die ausgedehenten Instrumental-Parts Bauchgefühl und beinahe proggigen Wahnsinn zugleich. Die Urgewalt von „Faceless“ kann hier zumindest zeitweise zupacken und entlädt großartige Stoner-Harmonien Marke Mastodon – eine weitere packende Facette, von ohrenbetäubender Intensität umgarnt.
Was Elephant Tree hier in mehreren, progressiv eskalierenden Druckwellen loslassen, unterhält vollends. Natürlich ist „Habits“ eine absolute Grenzerfahrung, welche vertraute Stoner-Doom-Ansätze verwäscht. Poppige Harmonien, Prog-Einschübe, derber Metal-Groove und psychedelische Mini-Jams geben sich die Klinke in die Hand und zerren diesen Zweitling wiederholt in sämtliche Himmelsrichtungen. Und genau dieses Spannungsverhältnis begeistert, brennt sich ein, legt Großartiges frei. Komplett anders und doch angenehm vertraut – „Habits“ ist ein bärbeißig-harmonisches Muss.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 24.04.2020
Erhältlich über: Holy Roar Records
Website: elephanttree.band
Facebook: www.facebook.com/elephanttreeband
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