Lamb Of God – Lamb Of God
Sieht man von einem Cover-Album unter dem alten Bandnamen Burn The Priest ab, so hat der letzte reguläre Studio-Output von Lamb Of God tatsächlich fünf Jahre auf dem Buckel. Untätig war das US-Quintett aber keinesfalls. Man tourte abermals um die Welt, war erneut für einen Grammy nominiert und besetzte mit Tour-Schlagzeuger Art Cruz den offenen Posten hinter der Schießbude. Das achte Studioalbum unter dem eigentlichen Bandnamen heißt schlicht und ergreifend „Lamb Of God“ und nimmt sich kein Blatt vor den Mund.
Randy Blythe und Konsorten befassen mit dem düsteren, freudlosen Status Quo in der Heimat, der in den paar Wochen zwischen dem geplanten und eigentlichen Release – „Lamb Of God“ hätte ursprünglich Anfang Mai erscheinen sollen – noch bedrückender geworden ist. Obwohl der Frontmann ein unverblümter Trump-Kritiker ist, geht es nicht um den US-Präsidenten, sondern um größere gesellschaftliche Fragen. Natürlich lässt sich „Checkmate“ wunderbar auf den Bunker-Twitteranten beziehen. Es geht um Hass schürende Demagogen, um gesellschaftliche Spaltung und um gewohnt furiose Wucht zwischen Thrash und Groove. Blythe spuckt jede einzelne Zeile förmlich aus, von omnipräsentem Groll begleitet, während der Rest der Band Husarenritte auf Hackbrettern vollbringt.
„New Colossal Hate“ schlägt in eine ähnliche Kerbe und beschreibt das drohende Ende des Melting Pot, der die USA eigentlich einst ausmachte (und nach wie vor ausmachen sollte). Es geht um Suchtprobleme, um die Opioid-Krise, um Krieg und ausbleibenden Frieden. Als Vater ist der fehlende Frieden in Schulen für Blythe ein persönlich wichtiges Thema im bedrohlichen Wellenbrecher „Reality Bath“. Statt strengeren Waffengesetzen müssen Schüler den Schussattentat-Ernstfall proben – ein bizarrer Wahnsinn, gekleidet in einen übellaunigen, unbequemen Track.
Zwischendurch holen sich Lamb Of God Gäste ins Boot. Chuck Billy von Testament zerlegt „Routes“, das vergleichsweise klassische Thrash-Töne anschlägt und doch zur melodischen Mitte findet. In „Poison Dream“ bellt hingegen Jamey Jasta mit – taucht aus dem Nirgendwo auf und erhöht das Aggressionslevel sogar. Für Neuzugang Art Cruz will ebenso eine Lanze gebrochen werden. Der Schlagzeuger brilliert die gesamte Dreiviertelstunde hindurch und übertrifft sich im Opener „Memento Mori“ selbst. Dieses ohnehin sehr wechselhafte Stück pendelt zwischen Uptempo, Groove und Düster-Dynamik, vom wilden und doch fokussierten Schlagwerk gekonnt angetrieben.
Jeder Track ein Volltreffer, jede Zeile ein Statement: Die ausgedehnte Pause vom eigenen Band-Alltag scheint Lamb Of God gut bekommen zu sein. Ihr neues, selbstbetiteltes Werk ist ein Siegeszug von hinten bis vorne, das perfekte Mission Statement zu dieser düsteren Zeit und zugleich ein vor Kreativität und Spielfreude geradezu überschäumendes Werk. Der Neuzugang am Schlagzeug hätte besser kaum gewählt sein können, die Riffs und Grooves sitzen, dazu bellt Blythe wie ein junger Gott. Spätestens jetzt sind Lamb Of God unsterblich.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 19.06.2020
Erhältlich über: Nuclear Blast (Warner Music)
Website: www.lamb-of-god.com
Facebook: www.facebook.com/lambofgod
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