Kill Her First – Empty Hands
Der Männer-Überschuss in der Metal- und Hardcore-Szene ist nach wie vor eklatant. Bei Kill Her First sind vier der fünf Mitglieder nicht männlich. Für die Berliner*innen geht es unter anderem um mehr Sichtbarkeit für queere Musiker*innen – ein nach wie vor höchst stiefmütterlich behandeltes Thema. Mehr als nur ein Bonus: Die Musik unterhält gewaltig. Irgendwo im Großraum von Post-Hardcore, Metallic Hardcore und Metalcore reißt die neue EP „Empty Hands“ alles nieder.
Die schiere Wucht, mit der „This Ain’t A Cherry-Picking Party“ aus den Startblöcken explodiert, reißt förmlich von den Sitzen. Hier gibt es keine falsche Zurückhaltung, keine unnötigen Intros: Mitreißender Hardcore mit gereckter Faust geht urplötzlich in gutturale Growls über, dann folgt hochgradig eingängiger Klargesang in bester Metalcore-Manier, ohne Metalcore zu sein. Auf den ersten Blick ist das Konzept einfach und vertraut, weil auch der Breakdown von brachialster Wucht ist, tatsächlich steckt gerade in Verbindung mit den autobiographischen Lyrics unheimlich viel Power, Elan und Herzblut dahinter.
Mit diesen drei Schlagwörtern lassen sich auch die übrigen drei Songs prima beschreiben. „All Wealth Is Fiction“ wirkt zunächst etwas holprig und springt erst einmal frontal ins Gesicht, bevor ein Rhythmus gesucht wird. Der stete Unruheherd kommt allerdings gut. Hingegen erinnert „Borders“ zunächst an die Metalcore-Ursuppe Ende der 90er, darunter die unvergessenen Overcast, nur um den vielleicht poppigsten und schönsten Moment der ganzen EP loszutreten. Schließlich macht „Dead Between The Lines“ mit Melancholie und (selbst-)zerstörerischer Energie das Licht aus. Ein kleiner Silberstreif bleibt dennoch am Horizont, ganz zum Schluss.
In gut zwölf Minuten zerlegen Kill Her First Schubladen und Erwartungen mit Gusto. „Empty Hands“ ruft vertraute Referenzen hervor und torpediert diese mit Witz, mit Spielfreude, aber auch mit wichtiger ernster Miene und Message – etwas, das viel zu oft zum banalen Buzzword reduziert wird und hier besonders hell strahlt. Vier richtig gute Songs mit einsetzendem Suchtfaktor festigen die Berliner als eine jener Bands, die auf keinen Fall ignoriert werden darf und soll. In jeder Hinsicht.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 03.12.2021
Erhältlich über: Krod Records
Facebook: www.facebook.com/KILLHERFIRST
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