Toundra – Hex

| 10. Januar 2022 | 0 Comments
Toundra

(c) Daniel Cruz

Kurz vor dem Beginn des ersten Lockdowns veröffentlichten Toundra eine Art Soundtrack zu einem Stummfilm-Klassiker. Das Ergebnis war angesichts der vorangegangenen Post-Rock-Meisterwerke eher mittelprächtig, der Symbolwert dafür gewaltig. Auch die Spanier mussten sich, wie so viele andere Bands, den Gegebenheiten anpassen, neue Recording-Ansätze suchen, und passten die Musik gewissermaßen an den Status Quo an. „Hex“ ist eine Rückkehr zum typischen Bandsound und zugleich ein wichtiger Kommentar zu einer Gesellschaft, die sich selbst immer mehr abzuschaffen scheint.

Mit diesem Thema befasst sich die erste Hälfte des Albums. „El Odio“ (dt. „Der Hass“) nimmt mit seinen drei Teilen knapp 22 Minuten in Beschlag und befasst sich mit Verrohung, mit Gewalt, mit Ausgrenzung, mit Diskriminierung. Entsprechend heavy bis brachial gestaltet sich der Sound dazu. Gerade der erste Abschnitt taucht mehr denn je in metallische Gefilde ein und reißt alles nieder, was sich in den Weg stellt. Der zweite und dritte Teil bemühen zwar mehr Atempausen, doch letztlich bleibt es bei einer zunehmend höllischen Abfahrt, die mit einer melodischen Auflösung zumindest etwas Hoffnung auf eine bessere Zukunft lässt. Ob diese berechtigt ist?

Der Rest der Platte kann mit diesem Glanzstück nicht ganz mithalten, bemüht dennoch vertraute Post-Rock-Qualität im Akkord. „Watt“ ragt heraus, nicht nur aufgrund seiner stattlichen Spielzeit. In knapp acht Minuten rufen Toundra ihre besten narrativen Qualitäten ab. Es ist der erste Song, für den man wieder gemeinsam in einem Raum stehen konnte. Die Inspiriation lieferten King Crimson, und so nimmt ein nervöses, aufbrausendes Saxofon eine wichtige Rolle ein. Forsche Instrumentalkunst trifft auf jazzige Improvisation, fast wie ein kleiner Wink in Richtung Exquirla und doch ganz eigen.

Eben das, eben dieses Eigene macht Toundra so besonders. „Hex“ ist die erhoffte Rückkehr zur Form. Eine geniale Albumhälfte zum Niederknien und eine solide zweite Hälfte mit einem Ausreißer nach oben rücken das Post-Rock-Kräfteverhältnis wieder gerade. Die Spanier sind und bleiben narrative Meister, die es, wie nur wenige andere Bands, verstehen, Spannungsbögen mit instrumentaler Kunst und echten Gefühlen zu kombinieren. Abermals liefern Toundra ab, aufbrausender denn je.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 14.01.2022
Erhältlich über: Inside Out Music (Sony Music)

Website: www.toundra.es
Facebook: www.facebook.com/toundra

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Category: Magazin, Reviews

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