The Nika Riots – Derelict
Neue Helden braucht das chaotische Metal-Land. Wobei: ‚Metal‘ ist für The Nika Riots bestenfalls ein Behelfsbegriff. Das norwegische Quintett hat ebenso Bock auf Screamo, auf Hardcore, auf Groove und auf dicke Rock-Harmonien. Was auf der ersten EP bereits prima funktionierte, landet nun auch im Albumformat. „Derelict“ ist ein zugleich chaotisches und eingängiges Biest, dessen stetig greifbarer Wahnsinn zum legeren Ausrasten einlädt.
Der eröffnende „Dereliction Beat“ gibt im wahrsten Sinne des Wortes die Schlagzahl vor. Was brav bis anonym losgeht, erhält schnell eine wunderbar chaotische Schlagseite – nicht zuletzt aufgrund der dezent an Greg Puciato erinnernden Screams. Math-Attacken Marke The Dillinger Escape Plan bleiben weitestgehend allerdings aus. Stattdessen öffnet sich der Track für einen hymnischen, überlebensgroßen Refrain, der sich wunderbar mitbrüllen lässt. Und dann drehen sie doch noch (kurz) am Rad. Wie kaputt The Nika Riots wirklich klingen können, zeigen sie in gerade einmal 41 Sekunden, wenn „NikaNikaNika“ den Derwisch zum Tanz bittet.
„Crime Tapes And Weltschmerz“ legt hingegen, ganz dem Titel entsprechend, mit Düsternis, mit bleierner Schwere, mit zäher Eskalation los. Nach und nach schält sich ein leicht abgedrehtes Screamo-Motiv heraus, unter anderem lassen Cancer Bats recht unfreundlich grüßen. Anstatt komplett in Richtung Sludge abzudriften, streut das Quintett dezente Melodien ein, dann kommen wieder Husarenritte Marke SeeYouSpaceCowboy durch. Die ausgedehnte Abrissbirne „I Buried Someone Yesterday“ tankt sich durch ausgesuchten Hardcore-Wahnsinn, durch Schlamm, durch Widerspenstigkeit, durch verkappte Melodik … und alles ist eitel.
Was auch immer ‚Volltreffer‘ auf Norwegisch heißt, einen solchen landen The Nika Riots mit ihrem Einstand. „Derelict“ trifft einen Nerv, ist modern und klassisch zugleich, fast schon zeitlos, gefühlt überall und nirgendwo zu jeder Zeit. Kaputter Screamo, hymnische Momente, metallische Härte, forsches Chaos und noch so viel mehr schreiten sehenden Auges dem Untergang entgegen und finden Freude an der vertonten Apokalypse. Dreckig, harsch, harmoniebedürftig, all over the place – an diesem mächtigen, überdimensionalen Debüt müssen sich The Nika Riots messen lassen. Was für ein Brett.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 29.04.2022
Erhältlich über: Mas-Kina Recordings
Facebook: www.facebook.com/thenikariots
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