Silverstein – Misery Made Me
Die gefühlt unkaputtbaren Silverstein begrüßen das dritte Jahrzehnt ihrer Existenz mit einer neuen Platte. Auf ihrem Jubiläumswerk „A Beautiful Place To Drown“ besannen sich die Post-Hardcore-Urgesteine auf alte und neue Qualitäten, irgendwo zwischen kleinen Experimenten, großen Gästen und gewohnter musikalischer Vielfalt. Genau diese Grundidee begleitet auch das neue Werk. „Misery Made Me“ setzt sich mit der Last und dem Elend der letzten beiden Jahre auseinander, bemüht sich um Akzeptanz von und Anpassung an diese neue Realität.
Alte Wucht schimmert auf dieser Platte immer wieder durch. „Die Alone“ mit Andrew Neufeld von Comeback Kid ist ein famoser Post-Hardcore-Nackenschlag, der an die früheren Platten erinnert und zugleich frischen Wind einbringt, so ruppig wie kurzweilig und derb. In „The Altar / Mary“ packt das Quintett den Dampfhammer aus, begleitet von Brachialgewalt und Dissonanzen, die etwas modernere Härte einbringt. Elektronische Einschübe verdichten das Geschehen, die zweite Hälfte bemüht sich hingegen um Synthetik und Entschlackung, balladesk bis spirituell und leicht fremdelnd. Es ist ein krasser Bruch, und doch überrascht hieran nichts.
Rundherum bewegen sich Silverstein in vertrauten Gefilden. „Ultraviolet“ findet die Balance zwischen Härte und Eingängigkeit, schlägt die Brücke zu etwas rockigeren Gefilden und brennt sich sofort ein. Das hymnische „Don’t Wait Up“ spielt mit Radiofreundlichkeit, streut ein paar Screams ein und wirkt richtig schön mächtig. Für den Quasi-Titelsong „Misery“ bemüht lyrische Düsternis balladeske Fragilität und nicht minder klare Kante von nothing,nowhere. als prominenter Mitstreiter. Hingegen zelebriert „Bankrupt“ den kompletten Absturz und schlägt die Brücke von dissonanter Elektronik zu wütendem Post-Hardcore. Letzteres findet sich in „Our Song“, das zugleich angenehm punkig rüberkommt und zudem einen sympathischen Refrain raushaut.
Große Überraschungen bleiben aus, stattdessen regiert die Beständigkeit: Silverstein nehmen so ziemlich alles mit, was ihren Vorgänger stark machte, und drehen die Regler noch eine Spur höher. Bewusst eingesetzte Elektronik passt sich hörbar besser in die Klangcollagen der Kanadier ein, die bratende Härte wird bewusst und zugleich höchst mitreißend eingesetzt, dazu kommen gewohnt eingängige Hymnen und ausgewählte, höchst spannende Gäste. Ja, „Misery Made Me“ folgt einer gewissen, nicht von der Hand zu weisenden Formel, doch genau diese Formel wird nahezu perfekt ausgereizt – ein weiteres exzellentes Beispiel für die Klasse Silversteins.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 06.05.2022
Erhältlich über: UNFD (Membran)
Website: silversteinmusic.com
Facebook: www.facebook.com/silversteinmusic
Letzte Kommentare