Fucked Up – One Day
Fucked Up fordern sich und ihre Fans mit wachsender Begeisterung heraus – siehe und höre „Year Of The Horse“ mit vier überlangen Songs und komplexer Akt-Struktur. Bevor dieses ambitionierte Projekt erschien, hatte man sich eigentlich einer ganz anderen Idee gewidmet, die nun nachgereicht wird. Für „One Day“ erlegte man sich eine kreative 24-Stunden-Regel auf: Alle Spuren, alle Arbeiten mussten innerhalb eines Tages erledigt und aufgenommen werden, und das noch dazu in Lockdown-bedingter Distanz. Mit dieser technischen und emotionalen Herausforderung wollen die Kanadier*innen zudem zeigen, wie die Zeit regelrecht durch die Finger rinnt.
Dass auf dieser Platte einiges anders funktionieren und klingen würde, war bereits im Vorhinein klar, als der Titelsong ausgekoppelt wurde. Zwar bleibt das Fundament zwischen Hardcore Punk und Post-Hardcore erkennbar, nicht nur ob der wütenden Vocals, doch kennt man solche Melodien eigentlich nicht von Fucked Up. In den eingängigen Momenten wartet man auf eine Hymne à la Kvelertak, und doch bleibt die frontale Intensität im Mittelpunkt, zumindest bis zum großen Refrain. Auch „Found“ trägt Ohrwurm-Anleihen, bloß deutlich schroffer verpackt. Hier sind es vor allem die Gitarren, die mit Alternative-Flair kokettieren, zumindest bis die nächste Abfahrt durch die beklemmende Rumpelkammer folgt.
Überhaupt fällt dieses neue Album deutlich direkter aus, was ob des speziellen kreativen Ansatzes kaum verwundern dürfte. So rückt „Huge New Her“ den Punk-Aspekt in den Mittelpunkt, gibt sich richtig schön ungehobelt und rennt damit offene Türen ein. Die für Fucked Up typische Doppelbödigkeit bleibt erhalten, rückt bloß etwas weiter in den Hintergrund. Dort lauert mit „Cicada“ ein sonniger Track, ein richtiger Rocksong, der mit Heavyness und klarem Gesang glänzt. Für Bandverhältnisse wirkt das direkt radiofreundlich und geht entsprechend nicht mehr aus dem Ohr. Zugleich serviert „Lords Of Kensington“ aufwühlenden Post-Hardcore mit einer singenden Gitarre, die sämtliche Sinne betäubt – das krasse Gegenteil und doch so verzaubernd.
In diesem Spiel der Gegensätze gehen die Kanadier*innen auf und landen Volltreffer über Volltreffer. „One Day“ ist über weite Strecken das krasse Gegenteil von „Year Of The Horse“ und gerade deswegen so spannend. Der direkter, unmittelbare, gerne mal eingängige Ansatz bekommt Fucked Up gut und rückt eine andere Facette in den Mittelpunkt. Hardcore, Punk, Post und Alternative schaffen ein knisterndes Sammelsurium widersprüchlicher Emotionen und majestätischer Hymnen. Auch nach all den Jahren kann das Quintett immer noch überraschen.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 27.01.2023
Erhältlich über: Merge Records (Cargo Records)
Website: www.fuckedup.cc
Facebook: www.facebook.com/FUglassboys
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