Understand – Real Food At Last

| 6. April 2023 | 0 Comments
Understand

(c) Rise Records / Understand

1995 veröffentlichten fünf junge Briten ein Album, das in der noch jungen Alternative- und Post-Hardcore-Szene schnell Kultstatus erreichen sollte: „Burning Bushes And Burning Bridges“ wäre in einer gerechten Welt der Startschuss für den kometenhaften Aufstieg von Understand gewesen, doch standen nicht zuletzt Probleme mit dem damaligen Label im Weg. Ein Nachfolger war aufgenommen, doch konnte man nie den richtigen Sound finden und löste sich 1998 auf. Gut 20 Jahre später wiederentdeckt und in pandemischen Zeiten digitalisiert und aufpoliert, findet das Material als „Real Food At Last“ doch noch den Weg in die Läden.

Einer fehlt jedoch: Gitarrist John Hannon, der in den Jahren nach Understand zum gefragten Produzenten wurde und den Digitalisierungsprozess in die Wege leitete, verstarb am 5. Mai 2021 unerwartet. Entsprechend ist die Platte ihm gewidmet. Die furiose Energie dieser guten halben Stunde erweist ihm alle Ehre und zeigt zugleich, welch Verlust das jähe Ende dieser Band war. „Real Food At Last“, der Titeltrack, eröffnet mit noisigem Drive, Post-Energie und chaotisch-alternativer Unruhe im Unterbau, der den Bogen von Botch bis Deftones und weit darüber hinaus spannt. Unbequem und doch verhalten präsentiert sich auch das folgende „Screwtop Milkshake“, insgesamt etwas langsamer, mit Alternative Rock und etwas Gaze flirtend. Das geht auf.

„Sadie“ ist die nächste Überraschung, denn der unterkühlte Gitarrensound erinnert im besten Sinne an Killing Joke. Statt Post Punk und Industrial setzt es jedoch ruppiges Sperrfeuer, einer Art konstanten Aufbruchstimmung nahe und doch so giftig. Der Preis für den besten Songtitel geht gewiss an „You Want The News?… Well Here’s The Blues“, dessen zurückgelehnte und zugleich explosive Präsentation das Nervenkostüm im besten Sinne strapaziert. Das gelingt auch dem abschließenden „Lightweight (Outro)“, bloß auf andere Weise. Sechseinhalb launische, wuchtige Minuten pendeln zwischen Alternative-Gaze-Hymne, Noise-Rock-Sperrfeuer und Hardcore-Gift mit ungefilterter Wut. Der lange, instrumentale Abgang passt ins Bild.

Selbst wenn man Understand bislang nicht kannte, vermisst man sie, kaum dass die letzte Note verhallt ist. So vertraut und doch knisternd, aufregend diese Platte klingt, so revolutionär und wegweisend wäre sie vor einem Vierteljahrhundert gewesen. Und sie hält auch heute noch ganz locker mit den Großen mit: Der Hardcore-Entwurfen der Briten ist verwaschen, grantig und unbequem, aber auch hymnisch, eingängig und dabei stets eindrucksvoll. „Real Food At Last“ löst ein ganz großes Versprechen ein und bietet einem etwas vergessenen Kultact eine willkommene zweite Bühne. Was jetzt noch fehlt, sind Neuauflagen ihrer alten Releases.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 07.04.2023
Erhältlich über: Rise Records

Website: www.instagram.com/understandukhc

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Category: Magazin, Reviews

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