Chatte Royal – Mick Torres Plays Too F***ing Loud
Neben den für ihren cineastischen Post Rock bekannten We Stood Like Kings hat Diego Di Vito noch ein zweites heißes Eisen im Feuer. Mit Chatte Royal veröffentlichte er bereits zwei EPs, die ebenfalls gerne mit Post-Klängen flirten, zugleich jedoch ein Herz für atmosphärischen bis aggressiven, leicht angepunkten Math Rock haben. Das erste Album des belgischen Quartetts will den Soundtrack-artigen Ansatz von Di Vitos anderer Band weiterdenken: Auch „Mick Torres Plays Too F***ing Loud“ benötigt keine Vocals, um Bilder im Kopf zu erzeugen.
Mit einem herzhaften „Bonjour“ heißen Chatte Royal willkommen und bringen ihren Sound in 74 Sekunden auf den Punkt. Verschrobene bis verspielte Math-Gitarren, dichte Atmosphäre, ordentlich Storytelling und epische Untertöne funktionieren selbst im XXS-Format. Hingegen geht das dreimal so lange „Victoria Wong Pt 2“ von der ersten Sekunde an in die Vollen, bemüht punkigen Drive und ordentlich Esprit. Die launische wie launige Präsentation passt perfekt zu gängigen Math-Rock-Vorstellungen, bevor aus dem Nichts ein Schalter umgelegt wird und dickes Geschrammel der klassischen Post-Gangart freilegt. Anstatt sich der überdimensionalen Explosivität hinzugeben, verrennt sich das Quartett in zahlreichen Breaks und überrascht mit Jazz-Vibes.
Überhaupt ist diese Platte ein Sammelsurium ungewöhnlicher musikalischer Ideen geworden. Da wäre beispielsweise „Marty Mc Fly“, dessen statischer Auftakt mit Spannungsaufbau auf Score-Züge hindeutet. Ein brachialer, fast schon metallischer Mittelteil mit wüsten Gitarrenwänden fällt hingegen komplett in den Rahmen, danach spielen die Belgier sogar mit Polyrhythmik, bevor sie zurück zum in sich ruhenden Leitmotiv finden. Auch „Sushi“, dieses sympathische Spiel mit Griffbretthexerei, geht sofort ins Ohr. Hier zimmern Chatte Royal ihrem Math-Ansatz einen proggigen Schaukelstuhl und wippen immer wilder hin und her.
Chatte Royal verfolgen einen ungewöhnlichen musikalischen Ansatz, von dem man allerdings nicht so schnell loskommt. Die sympathische Eigentümlichkeit dieses Erstlings breitet sich ab der ersten Note aus und beißt sich fest. Zu cineastisch für Math Rock, zu verspielt für Punk, zu derb für Post Rock – „Mick Torres Plays Too F***ing Loud“ sitzt nicht einfach nur zwischen den Stühlen, sondern zwischen kompletten Häusersiedlungen. Und dort ist es offensichtlich gar famos zu loungen, was dieses begeisternde Album zumindest vermuten lässt.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 08.03.2024
Erhältlich über: Kapitän Platte (Cargo Records)
Facebook: www.facebook.com/chatteroyal
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