Judas Priest – Invincible Shield
Mit mehr als einem halben Jahrhundert metallischer Göttlichkeit gehören Judas Priest längst zur teufelbehornten Einrichtung. Eigentlich wollten sie sich vor Jahren schon verabschieden, doch die Ehrenrunden auf Platte sowie auf der Bühne zeugen von einer Band, die mit zunehmendem Alter tatsächlich erneut immer besser wird. Fast auf den Tag genau sechs Jahre nach dem starken „Firepower“ setzt es mit „Invincible Shield“ nun das 19. Studioalbum der unkaputtbaren Legenden, die es tatsächlich nicht nur schaffen, die starke Form zu bestätigen, sondern sogar noch einen echten Klassiker aus dem Ärmel schütteln.
Dass hier ein erstaunlich frischer und doch vertrauter Wind weht, wird von Anfang an klar. Ja, das Intro von „Panic Attack“ führt etwas auf die falsche Fährte, doch verbirgt sich dahinter ein ruppiges Powerhouse in bester „Painkiller“-Manier, das mit wachsender Begeisterung alles zerlegt und zu Kleinholz verarbeitet. Halfords Falsett, die wütenden Double-Bass-Druckwellen, die scharfkantigen Gitarren – hier ist die Metal-Welt noch in Ordnung. „The Serpent And The King“ legt im Anschluss sogar noch einen drauf und lässt den Chorus richtig schön hymnisch ausfallen, von feinsten Stahlkanten und einem atemlosen Solo begleitet. Der Titelsong beschließt das mächtige Eröffnungstrio mit power-metallischen Ausritten, angenehm verkopfter Epik und wiederholten Midtempo-Exkursen.
Das mittlere Tempo wird zum Standard, so rasant der Auftakt auch ausfällt. Songs wie „Escape From Reality“, ein drückender Stomper mit überraschenden Ozzy Osbourne-Qualitäten und beklemmender Düsternis, oder das mit einer zarten Southern-Prise ausgestattete „Devil In Disguise“ sprechen für die Priest’sche Musikalität. Das gilt auch für „Crown Of Horns“, das etwas Kitsch andeutet, bevor ein unheimlich mitreißender Halford mit seiner Gesangsleistung letzte Zweifel beseitigt. Das drückende und zugleich massive „Trial By Fire“ huldigt klassischen Metal-Weisheiten mit erdiger Wucht. Und dann ist da noch „Giants In The Sky“, der nahezu perfekte Schwanengesang für ein von vorne bis hinten überzeugendes Album, selbstverständlich mit Pathos und Maiden-Megalomanie flirtend und doch so unbestritten groß.
Obwohl die Formkurve auf den letzten beiden Alben bereits steil nach oben zeigte, war mit einem Kaliber wie „Invincible Shield“ wohl kaum zu rechnen. Selbstverständlich klingen Judas Priest von der ersten bis zur letzten Sekunde nach Judas Priest, Selbstzitate natürlich inklusive, doch weist dieser Longplayer keine einzige Schwachstelle auf. Im Gegenteil: Hymnen, Nackenbrecher und aufwühlende Melancholie geben sich die sprichwörtliche Klinke in die Hand und reihen eine Fülle möglicher moderner Klassiker aneinander. Judas Priest gelingt das wohl stärkste Album seit „Painkiller“ und zugleich einer der größten Husarenritte ihrer einzigartigen Karriere. Sollte es das gewesen sein: Was für ein beispielloser Abgang!
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 08.03.2024
Erhältlich über: Columbia Records (Sony Music)
Website: www.judaspriest.com
Facebook: www.facebook.com/OfficialJudasPriest
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