Cognitive – Abhorrence
Im Laufe vieler Jahre erspielten sich Cognitive ein Publikum für ihren abgedrehten, anspruchsvollen Tech-Death-Sound, der von einer Extreme zur nächsten jagt und längst bei Metal Blade gelandet ist. Ihr zweiter Longplayer für das Label und ihr fünfter insgesamt sieht die Band aus New Jersey noch einen Tacken kompromissloser und durchgeknallter mit der eierlegenden Brutalo-Wollmilchsau hantieren, nur um sich musikalisch weiter zu öffnen. „Abhorrence“ – für die US-Formation die treffende Überschrift für den (gesellschaftlich) ekelerregenden Status Quo – langt von der ersten bis zur letzten Sekunde beherzt zu.
Der Titelsong eröffnet und schindet mächtig Eindruck. Von Anfang an ist das Tempo hoch, hagelt es Nackenschläge am laufenden Band, während Shane Josts gutturale Growls selbst in den mit Groove flirtenden Strophen durch Mark und Bein fahren. Die heiseren, vergleichsweise hohen Clear Vocals im Hauptteil überraschen jedoch und tauchen auf diesem Album immer wieder auf – ein packender Farbtupfer, den auch „A Pact Unholy“ gewinnbringend einsetzt. Zwischen feisten Brees und höllischem Quengeln bemühen Cognitiv den Spagat, abrundet von einem melodischen Solo. Nicht zum letzten Mal wagt sich das US-Quintett an Prog-Extreme heran.
Überhaupt hat man Cognitive selten so abwechslungsreich und zugleich kompromisslos gehört. In „Rorschach“ variiert das Tempo laufend, bevor nach drei Minuten ein hochmelodischer Part auftaucht, sogar zweistimmige Leads zulässt und in klassischen Metal-Gefilden wildert. Wenig später langt die Formation aber schon wieder beherzt zu. Das wahnwitzige „As The Light Fades“ lässt die Wogen ebenfalls hochgehen, eskaliert wiederholt aus dem Stand und hat in der zweiten Hälfte ein Herz für epische Melodien. Der komplette Stilbruch kommt überraschend und macht Laune. Ähnliches gilt für „Cold Dead Hands“, das ohne hymnische Parts auskommt, dafür den furiosen Wahnsinn des Quintetts auf den Punkt bringt und Eindruck schindet.
Die musikalische Öffnung von Cognitive setzt sich fort und nähert sich der Formvollendung. Sperrig, kaputt und doch melodisch bis hymnisch – dieser proggige Spagat gelingt verdammt gut. 35 Minuten lang stellt „Abhorrence“ Hörgewohnheiten auf die Probe. Es ist eben kein typisches Tech-Death-Album geworden, keine reine Brutalo-Ballerburg, aber auch keine pure Prog- oder Melodic-Death-Platte. Stattdessen lässt das US-Quintett mehr zu, tobt sich kreativ aus und lässt das Songwriting – quasi im Vorbeigehen – gar bekömmlich wachsen. Der ganz große und in dieser Form verdiente Durchbruch scheint nur eine Frage der Zeit.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 17.05.2024
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/Cognitivenj
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