Apocalyptica – Plays Metallica, Vol. 2
Bevor sie zu Meistern epischer bis knüppelharter Kompositionen zwischen Metal und Klassik mit einer Armada an prominenten Gästen wurden, waren Apocalyptica vier klassisch ausgebildete Musiker aus Finnland, die einzig mit ihren Celli Metallica-Tracks coverten. Im Laufe der Zeit freundete man sich mit den Metal-Urgesteinen an, trat sogar bei deren Jubiläumskonzerten zum 30er auf. Im Rahmen einer Tour zum 25. Geburtstag des Einstands „Plays Metallica By Four Cellos“ flammte die alte Liebe wieder auf, eine Fortsetzung musste her. „Plays Metallica, Vol. 2“ besinnt sich einmal mehr auf die Wurzeln, bloß im heutigen, deutlich umfangreicheren Soundgewand.
Einerseits mischt mit Mikko Sirén, der nach dem Release die Band im Guten verließ, im Vergleich zum Einstand vor nunmehr 28 Jahren ein Drummer aktiv mit. Zudem ist die Produktion deutlich wuchtiger, was Tracks wie dem Opener „Ride The Lightning“ bestens bekommt. Der Titelsong des 1984er Albums wirkt roh und fieberhaft, begleitet von kleineren Zitaten aus „Escape“ und „For Whom The Bell Tolls“. Auch das etwas überraschende, in seiner kompromisslosen Härte jedoch willkommene „Holier Than Thou“ schweift zwischenzeitlich ab und greift einmal mehr „Enter Sandman“ auf. In „St. Anger“ darf sogar die blecherne Snare kurz auftauchen – ein starker Farbtupfer inmitten eines überraschend epischen Nackenbrechers.
Ab und an muten sich Apocalyptica jedoch zu viel zu und setzen experimentelle Duftmarken, wo diese nicht gebraucht werden. In „Blackened“, für das einmal mehr Dauergast Dave Lombardo geworden werden konnte, sind es seltene Effekte (speziell die bizarre Talkbox), die nicht so recht zu dieser Monstrosität passen. An der Neuauflage „One“ scheiden sich jedoch die Geister. Mit Rob Trujillo und James Hetfield, der mit einer erst verstörenden, dann einnehmenden Cohen’schen Spoken-Word-Performance überrascht, konnte Metallica-Prominenz geworden werden, doch stören billige Effekte die monumentale orchestrale Aufbereitung. Dass der Track – gerade in Verbindung mit den drastischen, leider sehr aktuellen Visuals – dennoch punktet, spricht für alle Beteiligten.
Das sollen jedoch die einzigen kleineren Schwachstellen bleiben, denn rundherum wird abgeräumt. Wie Epik funktioniert, zeigt die Interpretation des Instrumentals „The Call Of Ktulu“, die sich sogar dem S&M-Sound annähert und zugleich Cliff Burtons originalen Basslauf einbauen konnte, dennoch vertraute Apocalyptica-DNA in sich trägt – vergleichsweise nahe am Original und doch so bärenstark. „To Live Is To Die“ taucht nur in Exzerpten auf und wirkt wie ein dramaturgisches Zwischenspiel, das in „The Unforgiven II“ einen weiteren unerwartet epischen Höhepunkt findet. Hier können die Finnen ihre klassischen Qualitäten mehr denn je abrufen. Mit „The Four Horsemen“, abermals von Trujillo begleitet, setzt es einen weiteren Dampfhammer mit überraschend intimem Zwischenspiel.
Sieht man von kleineren Schönheitsfehlern ab, kann diese Rückkehr in den alten Hafen durchaus als Erfolg gewertet werden. Ja, manchmal geht man vielleicht einen Tacken überambitioniert zu Werke, doch passt das irgendwie – auf überaus sympathische Weise – ins Bild. Metallica sind eben die alten Helden, mittlerweile auch Freunde, und wollen respektvoll behandelt werden. Ob es ein zweites „One“ gebraucht hätte, sei dahingestellt, doch macht „Plays Metallica, Vol. 2“ über weite Strecken schlicht und ergreifend Spaß. Die unbestreitbare Musikalität Apocalypticas will dabei nicht unter den Tisch fallen – die kompositorische Weiterentwicklung im Vergleich zu den Anfängen ist beeindruckend. Als Fan beider Bands kann man hiermit nichts falsch machen.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 07.06.2024
Erhältlich über: Throwdown Entertainment / BMG Rights Management (Warner Music)
Website: www.apocalyptica.com
Facebook: www.facebook.com/Apocalyptica
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