ColdCell – Age Of Unreason
Black Metal und emotionale Melancholie – eine Mischung, die seit geraumer Zeit mehr als angesagt ist und bevorzugt mit dem Post-Präfix versehen wird. ColdCell aus der Schweiz mischen ganz vorne mit. Das 2012 in Basel gegründete Quintett bleibt zwar ein Mysterium der Kürzel, mischt jedoch seit geraumer Zeit die Underground-Szene auf und entsteigt dieser nun mit Gusto. „Age Of Unreason“ ist das erste Album für AOP Records und fünfte Werk insgesamt, das mehr denn je mit Erwartungen spielt und letzte vermeintliche Fesseln sprengt.
Die geradezu erdrückende Wucht, mit der „Hope And Failure“ nach einem unheilvollen Intro auftrumpft, zerstört das Seelenleben und macht zugleich deutlich, wohin die Reise geht. Getragenes und durch forsches Tempo, erschütternde Hässlichkeit und giftige Vocals wirken apokalyptisch, gehen zeitweise durch die Decke und lassen doch beklemmende Emotionalität zu, von der einen oder anderen präzisen Zäsur begleitet. „Left“ verfolgt ein ähnliches Rezept, rollt eine Spur langsamer an und dreht schließlich komplett am Rad. Rastlose Sprints widmen sich den Ursprüngen des Genres, bevor gespenstische Melodieansätze die Zermürbung des Seins vorantreiben.
Eine Sonderrolle nimmt „Meaningless“ ein, dessen Gastgesang von Ines Brodbeck (Inezona) gleichermaßen verzaubert und verstört. Ätherische, folkloristische Untertöne machen sich breit, die Spannung erreicht nach und nach den Siedepunkt, während die Band einsetzt und in der zweiten Hälfte abhebt – quasi die Black-Metal-Antwort auf Cult Of Luna & Julie Christmas. Doch auch das folgende, schleppende „Sink Our Souls“ geht unter die Haut, bloß auf andere Weise. Zunächt etwas an den Opener angelehnt, kämpfen sich ColdCell förmlich nach vorne und drehen dabei mit wachsender Begeisterung an der Eskalationsspirale, die immer wieder bizarr und verzweifelt ausschlägt.
Bizarr und grotesk auf der einen, emotional und aufwühlend auf der anderen Seite, so gestalten ColdCell ihren neuesten Streich. Und der lässt mit Sicherheit nicht kalt. Chaotische Gefühlswelten, rasende Wut, unterkühlte Black-Metal-Attacken und geradezu hypnotisierende Zwischentöne finden auf magische, auf attraktive Weise zusammen und bemühen den festen Klammergriff. „Age Of Unreason“ könnte für die Schweizer tatsächlich den Sprung auf ein neues Level symbolisieren. Das ist schon mal schwere Kost, keine Frage, in ihrer Vielschichtigkeit und Auseinandersetzung mit intensiven Widersprüchen zugleich unfassbar beeindruckend. ColdCell legen ihr bislang bestens Album vor und wirbeln willkommenen Staub auf.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 26.07.2024
Erhältlich über: AOP Records (Edel)
Facebook: www.facebook.com/coldcellofficial
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