Vertex – The Purest Light
Vier Franzosen suchen und finden die ultimative Abrissbirne: Bei Vertex braut sich seit geraumer Zeit etwas zusammen. Mit einer ersten EP sowie Neuaufnahmen ausgewählter Songs schraubte das Quartett an seinem ureigenen chaotisch-vertracken Sound, zwischen Metal, Mathcore, Prog und Djent angesiedelt. Von abgedrehtem Wahnsinn und technischem Anspruch angetrieben, geht es mit dem ersten kompletten Album „The Purest Light“ direkt und unmittelbar in die Königsklasse.
Der Weg dorthin ist freilich steinig, nicht zuletzt ob der musikalischen Wahnsinnstaten der Franzosen. Alleine schon die knapp sieben Minuten des eröffnenden „All My Hatred“ versetzen sämtliche Sinne in Alarmbereitschaft, dank schriller Gitarren und ähnlich wütender Vocals. Geschickt spielen Vertex mit aufbrandender Dissonanz, mit Polyrhythmik und Eskalation auf Raten. Stetes Zupacken und Loslassen, zwischen The Dillinger Escape Plan, Car Bomb und Meshuggah, geht im besten Sinne an die Substanz, doch schlägt letztlich ‚erst‘ die Tempoverschärfung nach etwa fünf Minuten ein – kühnes Schreiten in Richtung Abgrund, unwirsch aufgelöst.
Hingegen fährt „Following Arrows“ von Anfang an mit der Groovewalze durchs Gebälk, brüllt sich so gallig und heiser wie möglich durch die Szenerie, während Djent-artige Rhythmen darunter für willkommene Unruhe sorgen. Das Herz schlägt arrhythmisch, düstere Melodien kämpfen sich erfolglos an die Oberfläche. Vergleichsweise kurze Episoden wie „Two“ leben von der massiven, nahezu undurchdringlichen Präsentation, während „Social Unborn“ als überraschender Sprinter schäumende, chaotische Spitzfindigkeiten propagiert, später von der dröhnenden Schwere eines „The Purest Light“ auf wundervoll manische, funkelnde und tatsächlich erhaben proggige Weise aufgelöst.
Mission geglückt? Und wie, and then some. Tatsächlich übertrifft „The Purest Light“ sogar kühnste Erwartungen, wenngleich es den einen oder anderen Durchlauf braucht, um auf den imaginären grünen Zweig zu kommen. Vertex schaffen ein Bollwerk von einem Album, gezeichnet von nervösen Zuckungen, plötzlichen Eruptionen und schwer nachvollziehbaren, doch stets mehr als nur lohnenswerten Wendungen. Ist das die Mathcore-Zukunft? Das nächste Djent-Kapitel? Die progressive Groove-Auflösung? Oder ein Hardcore-Metal-Zwischending der chaotischen, zittrigen und unfassbar energischen Art? Die Wahrheit liegt dazwischen, und was für eine Wahrheit es ist – ein auf allen Ebenen großer, für sich einnehmender Einstand.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 17.01.2025
Erhältlich über: Le Cri Du Charbon
Facebook: www.facebook.com/vertex.metal.france
Slider-Pic (c) Alice Masera
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